Von Anna Weidenholzer
Wenn es in Freistadt eine Bim gäbe, sagt der Mann und hält sich mir gegenüber an der Stange in der Straßenbahn fest. Wenn es in Freistadt eine Bim gäbe, könnte ich sagen, heute bin ich lässig, heute fahre ich mit der Bim. Er sagt es anders, als es hier steht. Er sagt es wie ein Freistädter und einige Sätze sagt er wie ein Freistädter und legt einen Akzent darüber, wahrscheinlich möchte er wie ein Mann mit Migrationshintergrund klingen. Der Mann ist kurzärmelig an einem Samstagwinterabend und er fährt mit der Straßenbahnlinie drei. In Linz gibt es drei Straßenbahnlinien. Es ist schwierig, einen Freistädter zu verstehen, der wie ein gebrochen Deutsch sprechender Türke klingen möchte.
In Freistadt wird es nie eine Bim geben, sagt die Freundin neben ihm und der Freistädter sagt, hier ist der Schillerpark, den hätte ich vor einem Jahr nicht gekannt, als die Straßenbahn an der Landesbibliothek vorüber fährt. Ich nehme keine Ausländer, sagte die Vermieterin ein paar Straßen weiter im Bahnhofsviertel und gab die Wohnung einem Deutschen. Die Türken, sagte sie, stellen Stockbetten in ihre Wohnungen, die vermieten sie stundenweise, als sie dem Deutschen das Wort Schlafgeher im Mietvertrag erklärte. Sie lächelte dabei.
Es gibt die Bilder in Zeitungen. Sie kommen zu den Stichwörtern Integration und Migration. Sie zeigen Mädchen und Frauen mit Kopftüchern, die ein bisschen abseits wirken.
Wenn es in Freistadt eine Bim gäbe, stell dir vor, wie laut das wäre, sagt die Freundin. Sie hält sich fest und steht inmitten der Freistädtergruppe. Sie sagt Bim, nicht Tram oder Straßenbahn. Es gibt Busse nach Freistadt, es gibt Busse in Linz. Hier stinkt es nach Albanern, sagte ein junger Mann beim Einsteigen in einen Linzer Bus. Der junge Mann ging ein bisschen wie diese Männer mit breiten Nacken, die gehen wie ihre Hunde. Hier stinkt es nach Albanern, sagte er und schaute dabei den Mann zwei Sitzreihen weiter an. Die Freundin des jungen Mannes nickte. Bis der Mann, den ich nicht roch, ihre Fahrscheine kontrollierte. Dann sagen sie nichts mehr, dann saßen sie still.
Bim heißt Straßenbahn, oder wie, wird der deutsche Mieter vielleicht einmal fragen, vielleicht hat er es schon. T. stellte diese Frage in Berlin, als ich das Wort Bim verwendete. In Berlin gibt es 22 Straßenbahnlinien. Der heurige Winter in Berlin ist kalt, die Gehsteige sind nicht geräumt und dass der Gehsteig nicht geräumt ist, sagen hier nur wenige. Sie sagen Gehweg oder Bürgersteig und schlittern über das Eis dahin. Der Winter macht die Berliner langsamer. Und das Wort heuer verwenden sie auch nicht.
Anna Weidenholzer ist Autorin, lebt und arbeitet in Wien und Linz.