Bilder aus Linz

Nahe der Zuschauertribüne hatte jemand ein Paar Socken mit Antirutschsohle gelassen, sie sahen ungetragen aus. Die Hündin, die ich beaufsichtigte, fand einen Ball, sie freute sich darüber und trug ihn über den Platz. Es war ein Plastikball, Tennisbälle waren keine mehr hier. Wir gingen über den ehemaligen Tennisplatz beim ehemaligen LiLo-Gelände. An der Fassade des Hotels ließen Umrisse erahnen, dass einmal auch von hier aus sein Name zu lesen gewesen war.

Linz lag im Februarnebel. Im Finanzturm waren einige Fenster gekippt, im Hotel warf jemand Bettwäsche in einen Wagen und schaute dabei zu uns hinunter. Der Winter wird schon gewesen sein, hatte ein Mann am Hauptbahnhof gesagt, und ich bin kein einziges Mal über Schnee gegangen.

Die Hündin jagte Amseln zwischen Schmetterlingssträuchern und Palmkätzchen, die bereits kleine Fellbüschel trugen, sie spuckte roten Sand. Der ehemalige Tennisplatz zeigte sich als seltsam ruhiger Ort, vielleicht als Insel, ein abgeschlossener Raum voll von Spuren derer, die zuvor hier gewesen waren: Eine kleine Ansammlung von Müllsäcken auf der Seite, die dem Supermarkt zugewandt war; eine Decke vor der Zuschauertribüne, weiter oben noch ein Paar Socken; Flaschen; Metallplättchen mit der Aufschrift Weingartshofstraße, Linz.Punkt; ein zerrissener Ball; eine magnetische Zaubertafel, wie sie Kinder zum Zeichnen verwenden, ihre Bildfläche war leer.

Während die Hündin den Platz nach Gerüchen absuchte, wartete ich. Hinter mir, am Parkplatz, ging eine alte Frau vorbei, sie blieb stehen und sah sich das Geschirr an, das dort lag. Sie nahm ein Teller mit, die Segafredo- und Tiertassen ließ sie zurück, die Kleidungsstücke daneben auch. Ich dachte an den Mann, der hier vor ein paar Jahren gewohnt und sein Lager nahe dem Baum aufgebaut hatte, wo jetzt die Autos parkten. War er noch hier?

Wir verließen den Platz über den Einstieg beim Parkplatz. Der rote Sand sollte noch eine Weile auf der Schnauze und an den Pfoten der Hündin kleben, im Laufe des Tages löste er sich.

 

Anna Weidenholzer ist Autorin, lebt und arbeitet in Wien und Linz.
 

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