Vom Arbeiten und Leben in Linz

Über die Vorteile von toten Winkeln schreibt Eugenie Kain.

 

Wie lebt es sich als Autorin in einer angehenden europäischen Kulturhauptstadt?

Nicht anders als sonst. Linz war nie eine Stadt der Literatur und sie wird es vermutlich auch 2009 nicht sein, denn die Stoßrichtung für das Kulturhauptstadtjahr geht eher ins Virtuelle. Die Poesiefestivals finden woanders statt und die Akademie für Literatur nimmt im Herbst in Leonding ihren Betrieb auf. Linz liegt im toten Winkel des österreichischen Literaturbetriebes und wem das zuwenig ist, der kann ja nach Wien gehen oder nach Graz oder nach Berlin oder sich in Salzburg oder Nenzing einen Zweitwohnsitz zulegen für die Ortsangaben im Lebenslauf. Es ist ein Problem der Wahrneh-mung. In Linz macht die Donau eine Kurve. Vielleicht ist deshalb das künstlerische Geschehen – insbesonders das literarische – von außen nicht einsehbar.

Tote Winkel haben nicht nur Nachteile. Auch wenn etwas nicht wahrgenommen wird, kann es sich trotzdem prächtig – und vor allem ungehindert – entwickeln. Und dann ist es wie beim Überho-len auf der Autobahn. Wie aus dem Nichts schiebt sich plötzlich ein Schatten auf gleiche Höhe und zieht vorbei und lässt alle jene mit Schlotterknien und zuckenden Blinkern zurück, die der Annahme waren, ihr Blickfeld allein sei das Maß aller Dinge. Es lässt sich also arbeiten und leben in der angehenden Kultur-hauptstadt. Sie ist klein genug um überschaubar zu sein und doch groß genug, um hin und wieder unterzutauchen. Die spezielle Lage fordert die künstlerische Kontaktaufnahme sowohl innerhalb als auch nach außen und man ist schnell heraus aus der Stadt und woanders, wenn in der Stadt die Spektakel-Tage losgehen.

Allerdings bleibt das Problem mit dem Blickfeld, den toten Winkeln und blinden Flecken. Dieses Problem hat auch die größte Tagezei-tung des OÖ – Landes. Sie hat nur zwei Seiten wo Kultur draufsteht. In der einen ist Fernsehen drin, auf der anderen staut sich die Kultur im weiteren Sinn, im Sommer bereichert durch Society – Berichte aus den Festspielorten. Die werden auch in Oberösterreich immer mehr. „Infusionen aus den Subventionstöpfen von Land, Stadt und Gemeinden werden angezapft. Immer weniger hochkonzentriert, versteht sich…„ heißt es dazu in den OÖN, die ein Problem orten: „Abgesehen vom medialen Unvermögen, jedes dieser Festspiele mit Rezensenten zu beschicken…„ sehen sie „ ein Überschwemmen mit Festivals„ und haben auch die Lösung parat: „Hochkonzentrierte Infusionen…„ Stop. Dass die OÖN zu wenig MitarbeiterInnen für die Kulturberichterstattung haben, ist ihre Sache. Der Forderung nach einem Kärcher als Werkzeug der Subventionsvergabe nicht. Es war schon immer so, dass viel mehr Kunst und Kultur in Linz statt gefunden hat als auf der OÖN – Kulturseite Platz hat. Und das ist gut so. Denn gäbe es wirklich nur mehr ausschließlich das kulturelle Angebot, worüber auf dieser Seite berichtet wird, dann würde es schwierig werden mit dem Arbeiten und mit dem Leben in Linz.

Eugenie Kain

Eugenie Kain lebt und arbeitet in Linz

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