Ankunft in Linz

Urlaub in Linz schildert Eugenie Kain

 

Stadtfest in St. Malo, Bretagne. Moules, Miesmuscheln in Weißwein-Knoblauchsud werden aus einem schwarzen Kochtopf mit 2 Meter Durchmesser geschöpft und mit Weißbrot auf einem Pappteller serviert. Über den atlantischen Himmel rasen Wolkenherden. Das Meer ist wieder im Anrücken. Noch gibt es breite Sandstrände frei, aber bald wird es wieder an die Befestigungsmauern der grauen, granitenen Stadt klatschen. Das Gedränge an den aufgestellten Biertischen ist ziemlich groß. Heinecken und Wein gibt es zu den Muscheln und das Französisch reicht aus, um mit den Malouins ins Gespräch zu kommen. Woher wir kommen? Die Antwort löst Entzücken aus. „Linz!!! Aber ja. Klosterhof. Pöstlingberg. Und das Bad an der Donau, oui, oui, le Parkbad“. Der Bewohner der Korsarenstadt macht mit seiner Familie regelmäßig Ferien in Linz. Eine grüne, saubere, schöne Stadt. Das gefällt ihnen. Deshalb tauschen sie im Sommer den Atlantik gegen das Parkbad.

Urlaub in Linz, das ist schon möglich, wenn man aus Kostengründen daheim bleiben muss. Schließlich kennt man sich aus in der Stadt. Aber die Fremden? Meistens reisen sie durch. Sie kommen im Radlrudl oder als Individualradler, mit Bussen und Schiffen, wenn das Pflasterspektakel und die Klangwolke auf der Reiseroute liegen. Was sehen sie, was nehmen sie mit? Ein Blick in die Reisetagebücher des Internet. Harald und Renate, mit dem Rad von Krefeld nach Cape Town unterwegs, entdecken „das schönste und teuerste Internetcafe der Tour“, Harald, zu Fuß unterwegs von Syrakus nach Niederbayern, gefällt die Landstraße, der Grazer Universitätschor macht auf dem Hauptplatz eine „Beulenpestsäule“ aus, Pater Peter, Bruder Johannes und Bruder Erich rasten auf der Landstraße „im Bischofsgarten, der Biergarten heißt tatsächlich so…“. Andere Fremde fahren mit dem kleinen gelben Zug. Der steht in allen Yellow-Press-Gazetten mit Reiseseite für Linz. Mit dem gelben Zug holpern sie durch die Altstadt und zur Donaulände und kommen sich nicht kindisch vor. Für Einheimische, die den Tag im Schanigarten des Corretto ausklingen lassen, kann es zur Erscheinung werden, wenn der vollbesetzte Zug in der Hofgasse mit Karacho um die Ecke rattert und man plötzlich das eigene Kind vorbeirasen sieht. Alptraumartig die Ankunft am Linzer Bahnhof. Der Weg durch den Baustellenbahnhof geht gerade noch, aber draußen im Freien wieder die Farbe Gelb und Blau, ein Wahlplakat, ein freiheitliches natürlich. Mann mit Hund. Dieser Mann, der sich „der bessere Franz“ nennt, hatte auf anderen Plakaten schon einen Feuerwehrhelm auf dem Kopf, eine Gitarre in der Hand und Tätowierungen am Arm. Jetzt hat er die Hundezunge im Gesicht. Für Mensch und Tier. Fremde und Einheimische schaudern. Dabei wissen Linz-Durchreisende nicht, dass das Gesicht dieses Franzens in Wirklichkeit schmissig zerschnitten ist und dass er sich fürs Plakat nie von einem Mischling würde schlecken lassen, sondern nur vom Deutschen Schäferhund.

Eugenie Kain

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