Transversal

Kunst und Globalisierungskritik

Fünf nach zwölf, wie können KulturarbeiterInnen mittels Vernetzung und Allianzenbildung mit TheoretikerInnen und politischen AktivistInnen die Welt vor dem sicheren Untergang retten? Mit dieser Frage beschäftigt sich der nun erschienene Sammelband zur Wiener Transversal-Konferenz im Jahr 2002. Der Band stellt den ersten einer Publikationsreihe des eipcp (Europäisches Institut für progressive Kulturpolitik) unter dem Titel republicart dar.

Begriffsbesetzungen unter (zumeist salopper) Zuhilfenahme poststrukturalistischer Theorien und TheoretikerInnen sind in der gegenwärtigen Wissensproduktion keine Seltenheit. TRANSVERSAL, hier vor allem geprägt durch Foucault, Deleuze und Guattari sollte neben allzu hippen Begriffen und Konzepten wie etwa Rhizom, Plateaus, Deterritorialisierung, Knacks, Bruch, Zeichenregime, Ritornell, Nomadisierung oder eben auch dem rosaroten Panther auf seine theopraktische Nützlichkeit hin untersucht werden. Es geht hier also um ein Maschine-machen eines Begriffes von Transversal mit dem Ziel eines Maschine-Werdens im Sinne von Deleuze und Guattari.

Die Abarbeitung am Begriff Transversal soll in dieser Theoriebildung auch konkrete praktische Anleitungen implizieren. Theorie abseits der Elfenbeintürme, experimentieren in „Praxis-Theorie-Praxis“, wie dies Luzenir Caixeta (MAIZ) treffend formuliert. Transversal beschreibt also nicht nur transnationale Kämpfe, sondern im Grunde Kämpfe, die über Hierarchien hinweg stattfinden – im weiteren Sinn Enthierarchisierungsprozesse, die hegemoniale Strukturen aufbrechen sowie Strategien entwerfen, um auf spezifische Diskurse mittels Macht einzuwirken. So soll durch eine Mikropolitik asignifikanter Brüche an der Umgestaltung, aber auch an der Kurzschließung des zugrundeliegenden Apparates gearbeitet werden.

Am Beispiel der Kommunikationsguerilla, als Form politischer Auseinandersetzung, liegt ein Grundkonzept vor, das nicht von einer Avantgarde ausgeht, welche die Massen anleitet und führt, sondern – auch in Anlehnung an Roland Barthes und Antonio Gramsci – eines, welches davon ausgeht, dass gesellschaftliche Veränderung aus dem Handeln aller Individuen entsteht. Daher nähert sich die autonome a.f.r.i.k.a gruppe in diesem Band einer möglichen Transversalität im Alltag.

Das Buch Empire von Antonio Negri und Michael Hardt wird in der Transversal Publikation auf verschiedenste Weise rezipiert. Die Initialzündung einer breiten theoretischen Auseinandersetzung mit globalisierungskritischen AktivistInnen verweist auf die große diskursive Macht des Empire. So polarisiert dieses Werk auch die AutorInnen der vorliegenden Publikation. Auf der einen Seite akribische „BibelforscherInnen“ , auf der anderen Seite eine kritische Auseinandersetzung mit den Thesen des Empire, die auch weitaus anregender und vielversprechender zu lesen ist. Negri und Hardt beziehen sich sehr stark auf Deleuze und Guattari (nebst Marx, wie sie selbst schreiben).

Spätestens hier soll der Grundstein für eine politische Lesart, abseits poetischer, psychologischer oder philosophischer Rezeption der „Tausend Plateaus“ gelegt sein. Maschine-machen, das Subjekt wegsprengen und einen organlosen Körper bilden, zu n, n-1 schreiben und sich lieben wie Katze und Pavian und zwar ohne Wenn und Aber. Die Revolution wird es dem transversalen Kollektiv danken. Schließlich hat „Ein Buch … weder Objekt noch Subjekt, es ist aus den verschiedensten Materialien gemacht, aus ganz unterschiedlichen Daten und Geschwindigkeiten.“ (Deleuze/Guattari, Rhizom S.6)
Amphetaminschokolade vs. Dope, also.

Andre Zogholy

Die Publikation ist im Wiener Turia+Kant Verlag erschienen.
turia+kant verlag/www.turia.at
republicart

eipcp

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