In der Stadt und auf dem Land

Eugenie Kain schreibt, für wen der Gruß ?Cead míle fáilte? nicht bzw. schon gilt

 

Eine ist Schneiderin, eine Sekretärin, eine Maschinenbauingenieurin, eine Turnprofessorin, eine Verkäuferin, sie kommen aus Angola, aus Afghanistan, aus Bosnien, aus dem Irak, aus Serbien, einige von ihnen sind bereits Österreicherinnen und leben schon längere Zeit in Linz. Was sie in Linz zusammenbringt, ist die Arbeit. Alle miteinander gehen sie putzen. Eine andere Beschäftigung gibt es für sie nicht und sie sind froh, dass sie zumindest diese Arbeit haben. Reinigungsfirmen stellen Ansprüche: Führerschein B, eigenes Auto, einschlägige Berufserfahrung, Deutsch in Wort und Schrift, gebürtige Österreicherin, etc. Deshalb ist es ein Erfolg mit dem Putzjob den ersten Schritt auf den österreichischen Arbeitsmarkt geschafft zu haben, auch wenn er gleichzeitig Fallgrube für Ausbildung und Qualifikation ist. Hauptsache davongekommen. Hauptsache hereingekommen. Hauptsache dableiben. In Österreich, in einem EU- Land. Auch im Bewleys mit den feinen Tees und wunderbaren Scones in der Dubliner Grafton Street sind Klofrau und Klomann schwarz. Auch die irische Regierung hat gerade jetzt wieder 70 Asylwerber mit Chartermaschine deportiert, darunter 20 Frauen, die zurück nach Rumänien und Moldawien geschickt wurden. Cead míle fáilte ? der Willkommensgruß gilt nicht für Asylwerber. Moldawien und Rumänien wiederum sind ?Lieferländer? für den Frauenhandel. In Moldawien mit einer Arbeitslosenrate von 73 Prozent gibt es Gegenden, in denen keine Frauen mehr leben. 70 % der EmigrantInnen sind weiblich, täglich werden 60 Frauen aus dem Land ?gehandelt?. Weitere Lieferländer: Russland und die Ukraine. Auf einer Leuchtplakatreklame bei der Haltestelle Rudolfstraße ist dann als Werbung für ein Nachtcafe? zu lesen: Junge Mädchen aus St. Petersburg eingelangt. Als Hintergrundfoto ein Turm der Basiliuskathedrale in Moskau. Russland ist groß, seine Ressourcen unermesslich. Da fallen geographische Unschärfen nicht so ins Gewicht. Auch auf einer Überlandfahrt durch sanftwogendes oberösterreichisches Hügel- und Flachland stechen aus den Loderfarben des Herbstes rosa- und violettgestrichene Häuser heraus und davor die Plakate: ?Frische Mädchen eingetroffen?, ?Neu: heiße Ost-Girls? ? und das Hoamatland verliert seinen pausbäckigen Charme, die Herbstfarben verlöschen und was bleibt, ist wieder einmal eine Fratze des Neoliberalismus.

Eugenie Kain

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