EKH bleibt!

Einen Lokalaugenschein in der ehemaligen Wielandschule unternahm Klemens Pilsl

 

Es ist weder ein Geheimnis noch eine Neuigkeit: Der Bundesvorstand der KPÖ verkaufte Ende Oktober 2004 hinter dem Rücken der Betroffenen das Ernst-Kirchweger-Haus (EKH). Das Wiener EKH ist ein Soziales Zentrum, ein einzigartiger Freiraum für beinahe 30 Politik-, Sozial-, Arbeits- und Kulturinitiativen, ein Lebens- und Wohnraum für viele AktivistInnen und Illegalisierte, also MigrantInnen ohne Aufenthaltserlaubnis, ein Kulturraum für tausende Menschen, die jedes Jahr die vielfältigen Veranstaltungen im Haus besuchen und vor allem der Versuch, selbstbestimmte, hierarchiefreie und radikal antikapitalistische Strukturen aufzubauen.

1990 besetzten in- und ausländische Kultur- und PolitaktivistInnen die Wiener ?Wielandschule?, ein riesiges, kaum benutztes Gebäude, das im Besitz der Kommunistischen Partei Österreichs stand. Seitdem war (verständlicherweise) das Verhältnis zwischen Besitzenden und Besetzenden ein sehr gespanntes. Die EKHlerInnen verließen sich in besseren Zeiten gerne mal auf das beträchtliche Vermögen der Partei, die KPÖ hatte keine Scheu, brutale WEGA-Polizisten ins ?Haus? zu schicken (aber meistens kamen die eh von selbst). Erst in den letzten Jahren schien die Sache halbwegs beruhigt ? teilweise unbefristete Mietverträge (symbolische Miete 1 Schilling pro Jahr), teilweise Prekariatsverträge, immer wieder Wickel wegen Betriebskosten.

Im EKH bildeten sich unzählige Initiativen: die Volxbibliothek, das Veranstaltungszentrum, das queer-Beisl, eine Theatergruppe, eine diy-Textildruckerei und eine diy-Fahrradwerkstätte, MigrantInnenvereine, Wohnbereiche für AktivistInnen und MigrantInnen, die Notschlafstelle des Flughafen-Sozialdienstes, der Infoladen10, die Produktionsstätte des TATblattes, das Archiv der Sozialen Bewegungen, ein Musik-Proberaum als Heimat legendärer Bands und und und … Einig war und ist man sich im EKH nicht oft, aber es gibt doch Prinzipien, die dort ohne lange Debatten konsequent umgesetzt und gelebt werden: absolute Unabhängigkeit (also keine Annahme von Subventionen, weil die erstens FördergeberInnen legitimieren und zweitens schnell von diesen abhängig machen), Antirassismus, Antisexismus, Antikapitalismus und Do-it-yourself. Dass nicht immer alles so rosig verläuft und Realität und Utopie auch mal auseinander klaffen ist klar, dennoch ist das EKH mit seinem Anspruch und seiner gelebten Praxis ein einzigartiges, progressives und emanzipatorisches Projekt.

Vor ca. einem Jahr drohte KPÖ-Chef Walter Baier erstmals, das EKH zu verkaufen, begründet mit der knappen Finanzsituation der marginalisierten und zerstrittenen Partei (remember the ?Novom-Affäre?: KPÖ verliert Ex-DDR-Kapital an den deutschen Staat). Aufgrund der sofortigen empörten Reaktionen aus der Kunst- und Politszene Wiens versprach Walter Baier, die BewohnerInnen über mögliche Verkaufsverhandlungen zu informieren ? was er natürlich niemals tat. Die Nachricht über den im Oktober 2004 plötzlich und hinterrücks abgeschlossenen Verkauf lasen die EKH-lerInnen erstmals im Online-Standard. Doch nicht nur diese waren überrascht: Auch viele EKH-symphatisierende KPlerInnen reagierten fassungslos auf die heimliche Parteifinanzierungsaktion Walter Baiers und der Bundesvorstands-Clique.

Schnell stellte sich heraus, dass der Käufer ein sehr spezieller ist: Der Geschäftsführer der kaufenden GmbH ist normalerweise eher im Security- und Detektivgeschäft tätig und steht im Verdacht, mit rechtsextremistischen Ideen zu sympathisieren und ehemaliger Unterstützer der rechtsextremistischen und gewalttätigen ANR (Aktion Neue Rechte; die, die damals noch KPÖ-Lokale überfielen…) zu sein. Bereits kurz nach dem Verkauf trudelten die Kündigungen aller bestehenden Verträge bis zum 31.12.04 ein. Dutzende Menschen, viele davon mit migrantischem Hintergrund, im Winter der Obdachlosigkeit auszusetzen, macht die Politik der neuen Eigentümer schnell klar und unmissverständlich.

Seit dem Verkauf äußern sich erfreulicherweise viele Initiativen und Menschen zur Situation: Einige KPlerInnen verlassen zornig ihre Partei, andere freuen sich, dass die ?Bürgerkinder? endlich rausfliegen, manche der GenossInnen versprechen sogar, im Falle einer Räumung das EKH militant verteidigen zu wollen. Viele Gruppen (ÖH, KSV, Treibsand, Volxtheater, …) erklären ihre Solidarität, Promis wie Elfriede Jelinek verurteilen die KPÖ und wünschen dem EKH alles Liebe, FM4 berichtet sehr positiv. Eine beachtliche Solidarisierungswelle rollt über Wien und die Bundesländer, Soli-Aktionen (Kurzbesetzungen, Demos, Partys, …) finden statt, die Stimmung für einen Kampf um das EKH auf allen Ebenen scheint positiv zu sein.

Dennoch wäre es ratsam, die Kräfte für den Erhalt des Projektes nicht zu sehr in das Bashen der KP zu investieren. Erstens ist die KPÖ ohnehin ein sich selbst lösendes Problem (die Kleinstpartei verschwindet seit Jahren mehr und mehr von der Bildfläche) und zweitens ist das eigentliche Problem ja die neue Besitzerin, die ?Interessensgemeinschaft Wielandgasse 2-4 VermietungsGmbH? mitsamt ihrem dubiosem Geschäftsführer, die bisher nur eines klar gemacht hat: Sie will die jetzigen NutzerInnen des EKH so schnell wie möglich raus bekommen, und erfahrungsgemäß freuen sich Teile der Wiener Polizei sehr darauf, diese schmutzige Sache zu erledigen.

Dass es nicht soweit kommt liegt im ureigensten Interesse aller österreichischen Kultur- und PolitaktivistInnen. Der Kampf um den Erhalt des EKH muss auf allen Ebenen, vielfältig und bunt laufen. Zeigt euch solidarisch! Unterstützt die Aktionen des EKH! Besucht das EKH! Und: Do it Yourself!

Klemens Pilsl

Mehr Information: http://ekhbleibt.info: Infos zum Verkauf, Statements, Aktionen, Solierklärungen, … http://at.indymedia.org: free-speech-Projekt mit Sammlung aller Materialien zum EKH http://www.med-user.net/ekh: Homepage des EKH http://www.kpoe.at/: Homepage der KPÖ

 

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