Metropolitis

Gibt es einen Kulturbegriff, der über den der Bauwirtschaft und der Tourismusindustrie hinausgeht? Eugenie Kain zum Thema Linz09.

 

Es wird sich zeigen, wie sich Linz als europäische Kulturhauptstadt versteht. Potential wäre genug vorhanden, um klein, aber fein, Standards zu setzen, die auch nach 2009 halten. Standards, die deutlich machen, dass es einen Kulturbegriff gibt, der über den der Bauwirtschaft und der Tourismusindustrie hinausgeht. Selbst wenn sie eine Zeile 5-Stern-Hotels an die Landstraße stellen, aus dem Parkbad eine Thermenlandschaft für Radwanderer machen, über die Mayrwiese eine Seilschwebebahn bauen und rund um die Voest einen Skyscraper-Wall; selbst wenn sie die Autobahn sechsspurig ins Mühlviertel ausbauen, einen Straßentunnel durch den Pöstlingberg bohren, dafür die Westbahn mit dem Musiktheater übertunneln, selbst wenn sie aus der Franckstraße eine Schnellstraße ohne Ampeln und Zebrastreifen machen und 2009 zum Spektakelklangpflasterwolkenjahr ausrufen – Linz wird keine Metropole werden. Nicht vor 2009 und nicht danach. Für Metropolen gibt es Definitionen. Eine Metropole ist eine sehr große, das Umland dominierende Stadt, eine große Stadt im Zentrum eines Ballungsraums und eine viele Kulturen beherbergende Stadt. Linz liegt im Kreuzungspunkt wichtiger Achsen und uralter Verkehrswege, aber der überregionale Einfluss ist nicht mehr groß. Zu Zeiten der Pferdeeisenbahn mag das anders gewesen sein. Was Linz trotzdem zu einer besonderen Stadt macht, ist das Spannungsverhältnis zwischen Stadt und Land, Industriestadt und „Medien” – und Kulturstadt. Hier gibt es genug Reibungspunkte, aus denen einiges entstehen könnte, das überregionale Gültigkeit hat. Jeder Millimeter an zusätzlicher Urbanität muss in Linz schwer erkämpft werden. Das (Um)Land dominiert die Stadt. Als Industriestadt wurde Linz zum Spielball auf den Aktienmärkten. Von Medien, sofern es sich nicht um freie, neue oder elektronische handelt, kann keine Rede sein. Da herrscht Dumpfgeist vor. Informationspflicht wird dahingehend interpretiert, mit Kampagnen jemanden abzusägen oder ein unliebsames Projekt abzuschießen. Die Platzhirschen verstehen sich als „moderne” Dienstleistungsunternehmen. Das bedeutet: mit der OÖ Rundschau den Papst besuchen, mit dem ORFOÖ abspecken und mit den OÖN einkaufen – patriotisch wie wir sind, nur oberösterreichisch. Auch eine Stadt, die keine Metropole ist, braucht einen anderen Geist. An die Arbeit, es gibt viel zu tun.

Eugenie Kain lebt und arbeitet in Linz.

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