Die Hand, die eineN füttert

Der Staat als kulturfördernde Instanz. Eine Rezension

 

von Klemens Pilsl

Lediglich 0,65 % (2003) ihrer Gesamtausgaben gibt die selbsternannte Kulturnation Österreich mittels Bundesförderung für Kunst und Kultur aus. Davon wiederum fließt der Löwenanteil an die großen Institutionen (die ihre Roots nicht selten noch in der K&K-Zeit haben: Albertina, Hofreitschule, Staatsoper, …) und in einige Großevents. Lediglich ein Bruchteil bleibt für einen kleinen Rest anderer SubventionsnehmerInnen, u.a. nichtinstitutionalisierte Kunst, Freie Szenen etc. Das Meiste ist also der Erhaltung des „kulturellen Erbes” und damit der Präsenthaltung kultureller Identität gewidmet, das Wenigste der Infragestellung, Weiterentwicklung oder gar Neuschaffung einer solchen.

Dennoch ist der Staat ein wichtiger, möglicherweise sogar der signifikanteste Akteur des österreichischen Kunst- und Kulturbetrieb. Nicht nur als Mäzen, auch als Eigentümer vieler Kulturbetriebe. Das vorliegende Buch aus dem Dunstkreis des Instituts für Kulturmanagement und -wissenschaft (IKM) sowie der Forschungsgesellschaft für kulturökonomische und kulturpolitische Studien (FOKUS) befasst sich intensiv und grundsätzlich mit der Thematik der staatlichen Kunstförderung. Und stellt sehr prinzipielle Fragen: Ist staatliche Kulturförderung überhaupt gerechtfertigt? Kann eine solche überhaupt gerecht sein? Oder demokratisch? Und was heißt überhaupt „Gerechtigkeit” oder „Demokratie”? Oder gehören kulturelle und demokratische Partizipation ohnehin zusammen wie siamesische Zwillinge, ist staatliche Kulturförderung für eine demokratische Republik also unumgänglich?

Sieben Aufsätze von acht AutorInnen behandeln das Thema intensiv und beinahe unbarmherzig. Jenseits blauäugiger Apelle an die Kulturpolitik werden im ersten Teil des Buches grundlegende Begrifflichkeiten, Definitionen und Ideensätze entwickelt sowie die „prozeduale Gerechtigkeit” staatlicher Förderpolitik behandelt, während sich der zweite Teil vor allem der materiellen Gerechtigkeit österreichischer Kulturförderung widmet. Ein streng wissenschaftliches Buch (und in dieser Hinsicht sehr gelungen!), aber Obacht: Beim mühsamen Schreiben von Anträgen und dem langweiligen Ausfüllen von Förderverträgen hilft das Buch nicht. Wer aber den Ursachen dieser Plagen und dem subjektiven Empfinden, dass da irgendwo ein Haken im System liegt, auf den Grund gehen will, liegt goldrichtig.

Klemens Pilsl ist im Vorstand der KUPF und Geschäftsführer der KAPU.

Tasos Zembylas/ Peter Tschmuck (Hg.): Der Staat als kulturfördernde Instanz 174 Seiten Studien Verlag Innsbruck 2005 ISBN: 3706541416 EUR 19,90

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