Cityrunner

Im neuen Linzer Cityrunner hat Eugenie Kain mitgehört.

 

Einkaufssamstagnachmittag in Linz. Eine lange Schlange vor den Damenumkleidekabinen im H&M. Viele wollen sich die Warterei nicht antun und machen die Anprobe öffentlich. Pullover übers T-Shirt gestreift, Hose unter dem Rock hinaufgezogen. Passt.

„Ich tu eh die ganze Zeit…“, sagt eine junge Frau, die zu den Bässen der Musik Kleidungsstücke auf Kleiderhaken hängt. „Bei mir in der Abteilung musst du mehr geben“, sagt der Kollege, „Alles“. -„Geh sei ruhig“, sagt die Frau und bückt sich nach ein paar auf den Boden geglittenen Blusen. Bei H&M trägt das Personal H&M. Die junge Frau eine Jean mit tief auf der Hüfte sitzendem Bund. Beim Bücken zeigt sich der Kerbenansatz der Hinterbacken.

Porsche – Design fährt durch die Landstraße. Rund, krötenäugig und geräuscharm kommt der Cityrunner auf den Schienen der ehemaligen Tramway. Niederflurwaggons lassen Mütter die Kinderwägen alleine ins Wageninnere stemmen, auch Krücken – und Stockträger halten die Straßenbahn nicht mehr auf. Die Meinung einer Taxlerin kenne ich vom Vortag. „Was des kost. Gestern is scho einer gstanden. Viel Unfälle wird’s geben, den hört ma net“. Der Cityrunner wird auf der Linie 2 zwischen Ebelsberg und Auhof pendeln, aber vorerst ist bis zur Unionkreuzung noch Großbaustelle für den zukünftig unterirdischen Verlauf. Drinnen ist Platz für viele Fahrgäste. Man sitzt sich nicht mehr gegenüber sondern vorwiegend hintereinander wie im Postautobus.

4 weibliche Oldies , vom Aufenthalt im Schrebergarten auf der Heimfahrt, verabreden sich. Frisch gelegte Wellen schwappen hin und her. „Wo? In der Bäckerei Goldmann. Auf dem Taubenmarkt? Kann man da sitzen? Jetzt gemma scho wieder fort. Jetzt derf‘ ma!“. Auf dem Hauptplatz löst sich eine Demonstration auf. Viele Kopftücher, viel dunkles Haar, ein paar mal die Farben Grün und Weiß. Stimmen von hinten: „Was ham de woin, de ham ja net amoi auf Deitsch demonstriert.“ – „Wird wegen dem Nahen Osten sein.“ – „Soin se unt de Köpf eihaun, de Kameltreiber.“ – „Aber drum demonstrierns ja , weil sa se dort unt de Köpf eihaun.“

Der Cityrunner setzt über die Nibelungenbrücke. Stimmen von vorn: „Den schiachen Kasten bauns do her.“ – „Gfragt hat uns kaner, aber zoin derf man.“ – „Woarst scho amoi in der neuen Galerie? Immer leer, da is kaner, da geht kana hi.“ – „Jetzt miassens a Glas drüber toa, weil er so schiach is, hab i glesn.“ Das Hintereinandersitzen hat den Nachteil, dass man unerwünschten Redefluss durch nonverbale Kommunikation nicht mehr beeinflussen kann. In der Wildbergstraße zeigt die Ampel rot. Der Cityrunner steht. Ein neues Gespräch. „Hat er was?“ „Der Stom ist aus.“ Die Ampel wird grün, der Cityrunner fährt. „So eine Straßenbahn gehört auch erst eingefahren, am Anfang haben sie alle ihre Mucken.“ Beinah lautlos gleitet der Cityrunner mit seiner Fracht ins Dunkel.

Eugenie Kain

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