„Sie dürfen nicht hinein!“

Über kopftuchlos genug, weiß genug und akzentfrei genug.

 

Von Radostina Patulova

„Sie dürfen nicht hinein!“

So die Aussage am Tor zur Pressekonferenz anlässlich der Präsentation der Studie zur Integration der Moslems in Österreich im Innenministerium. Neben mir unterhielten sich involvierte Männer darüber, was getan werden solle, falls VertreterInnen anderer Religionsgemeinschaften erscheinen und ihr Recht, eine öffentliche Veranstaltung zu besuchen, in Anspruch nehmen. An dem zum Grenzübergang stilisierten Eingang der Herrengasse 7 konnte die, in stete strukturelle Kleinarbeit produzierte, Kluft zwischen uns und ihnen auf Meilen genau gemessen werden. Zugeschriebenes, Herbeigeführtes, Unterstelltes: Es handelt sich hier weniger um „diffuse, abstrakte Ängste der ansässigen Bevölkerung“, als vielmehr um konstruierte Anlässe, die einen gleichberechtigten Dialog verhindern sollen.

Geschlossene Räume, in denen beinahe alles kurz zur Sprache verkommen darf, um nicht weiter angesprochen zu werden, gepaart mit Pseudovisionen, die – inspirationslos genug – sich andauernd über Ausschlüsse definieren. Ist das alles, was wir uns auch für die Zukunft wünschen? Ich jedenfalls durfte hinein – weil kopftuchlos genug, weiß genug, akzentfrei genug und nicht zuletzt mit sozialem Wissen genug ausgestattet, um herauszufinden auf welche hierarchische Stufe mein Aussehen honoriert wird. Ist das alles, was ich mir als Migrantin wünschen darf? Unter den Auserwählten herrschte Business as usual: Die Veranstalter haben es weder fertig gebracht das Objekt der Begierde im Vorfeld aufzulegen – erst in der Mitte der Präsentation wurden die nicht ausreichenden Exemplare der Kurzfassung in Begleitung von sehr ausreichend vorhandenen Unterlagen für Alphabetisierungskurse (MigrantInnen sollen ja ausreichend defizitär dargestellt werden) geliefert – noch ein Mikrofon (gehört auch das zu den unantastbaren kulturellen Traditionen des Landes?) für die Publikumsfragen organisiert. Es gehörte wohl zur Inszenierung, dass die Fragen schlecht zu hören, die Antworten vom Podium aber gut verstärkt und alles andere übertönend waren. Was nicht zur Regie gehörte, war zum einen die seitens der Fragenden sehr genau geführten Diskussion, und zum anderen die Spontaneität, mit der die Frau Ministerin Fragen über die wissenschaftlichen Methoden und Typologien anstelle des Herrn Wissenschaftlers zu beantworten wusste. Auch die unwillkürliche Äußerung des Moderators gegenüber eines Teilnehmers – er dürfe seine Frage nicht stellen, denn „Sie sind erst dann dran, wenn alles vorbei ist!” – kann angesichts der vertretenen homogenen Mehrheitsgesellschaft einzig und alleine als das Frönen in tief verankerten Werten verstanden werden. Den Rest haben wir zur Genüge gelesen. Objektive Berichte soweit das Auge reicht – wenn mensch bereit ist Dekontextualisierungen und die Ausblendung der Zusammenhänge als Objektivitätskriterium zu verstehen. Denn dort, wo dringend von strukturellen Ausschlüssen abgelenkt werden muss, ist das Kolportieren von Äußerungen über das undemokratische Verständnis eines selbstgebackenen ominösen „anderen” so dringend, wie die Suche nach (Un)Willigen eine fieberhafte ist.

Siehe dazu auch: http://www.malmoe.org

Radostina Patulova ist Mitarbeiterin beim Modul fields of TRANSFER des equal Projekts „work in process (wip) – Migrantische Selbstorganisation und Arbeit”.

 

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