Feindbild Feminismus

Juliane Lang, Ulrich Peters (Hg.): Antifeminismus in Bewegung. Aktuelle Debatten um Geschlecht und sexuelle Vielfalt. Martha Press 2018, 336 Seiten, 78-3-944442-52-5

Ob bürgerliche Konservative oder extreme Rechte, christliche Fundamentalist*innen oder Maskulinisten: Im gegenwärtigen Antifeminismus finden reaktionäre Kräfte aus unterschiedlichsten Feldern zueinander. Antifeminismus mag so alt sein wie der Feminismus selbst – im Gewand des „Antigenderismus“ präsentiert er sich indes auf erneuerte Weise, wie die Herausgeber*innen des Sammelbands erklären.

Zwar wird mit Kampfbegriffen wie „Genderwahn“, „Genderideologie“ und „Frühsexualisierung“, die gar Eingang in „Qualitätsmedien“ gefunden haben, nicht explizit die Idee der Gleichheit angefochten. Jedoch wird im Zuge der Klage über feministische und an sexueller Vielfalt orientierter Gleichstellungspolitik die eigentliche „Verschiedenartigkeit“ der Geschlechter hervorgehoben – begründet durch eine „gottgegebene Ordnung“, einen essenzialisierenden Biologismus oder als funktionales Prinzip einer „völkischen Gemeinschaft“. Wenig überraschend also, wenn sich die (Anti-)Genderpolitik der türkis-blauen Regierung, die emsig daran arbeitet, frauenpolitische Errungenschaften abzutragen, im Regierungsprogramm niederschlägt: „Die Verschiedenheit von Mann und Frau zu kennen und anzuerkennen, ist ein Bestandteil menschlichen Lebens und damit unantastbar mit der Würde des Menschen verbunden.“

Den heutigen Antifeminismus kennzeichnet auch, dass er gut vernetzt ist: Er ist kein homogenes politisches Projekt, sondern ein breit aufgestelltes Netzwerkprojekt, in dem sich verschiedene Akteur*innen auf gemeinsame Feindbilder beziehen und dabei eine gemeinsame Sprache nutzen. Der Sammelband erfasst diese unterschiedlichen Gruppen erstmals in einer Zusammenschau: Analysiert werden u. a. der biopolitische Kampf der extremen Rechten, traditionelle Geschlechterkonstruktionen als naturgegeben zu verteidigen, sowie die Lebensschutzbewegung, die das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihre Körper infrage stellt. Auch auf Männer- und Väterrechtsinitiativen, die die angebliche Diskriminierung von Männern und die herrschende „Femokratie“ anprangern, wird ein Blick geworfen. Beleuchtet werden ebenso Kontinuitäten in der Verwendung antisemitischer und rassistischer Ressentiments in antifeministischen Kontexten sowie Hasskampagnen gegen Feminist*innen im Netz. Damit veranschaulicht der Sammelband nicht nur die Tragweite des organisierten Antifeminismus im deutschsprachigen Raum – er liefert auch einen wichtigen Beitrag in der Diskussion über die Notwendigkeit neuer linker Allianzen und der Entwicklung differenzierter Gegenstrategien.

Vina Yun ist freie Redakteurin und Autorin in Wien.

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