Yasmine M’Barek, Protest. Über Wirksamkeit und Risiken des zivilen Ungehorsams, Leykam 2023, 120 Seiten.
«Protest ist ein großes ‹Fick Dich!›. Er ist impulsiv, vulgär, rau, ehrlich. Und er hält die Demokratie
in Bewegung» – Rotzig und provokant beginnt Yasmine M’Bareks Essay, der zwei aktuelle, aber dennoch sehr unterschiedliche Formen des Protests vor- und gegenüberstellt: die «Klimakleber*innen» und die «Querdenker*innen». M’Barek berichtet über die Entstehung, das Wachstum und den Erfolg beider Gruppen – letzteren misst sie daran, ob der Protest politische Macht entwickeln und die eigene Blase verlassen kann. Die Autorin kritisiert insbesondere die Kommunikation der Letzten Generation, deren Aktionen selten die gewünschte Wirkung erzielen würden, da zum einen die Medien mehr über die Akte des zivilen Ungehorsams als über die Forderungen berichteten und zum anderen die Aktionen selbst nicht die Sprache der Mehrheit sprächen. Besonders wichtig sei es, so M’Barek, gerade diejenigen zu erreichen, die «unpolitisch» seien oder keine Kapazitäten hätten, sich zu engagieren, was den «Querdenken-Demonstrationen» leider gelungen sei. Sie hätten es geschafft, aus einer rechtsextremen Ecke heraus nicht nur Menschen aus allen möglichen Gruppierungen auf die Straße zu bringen, sondern auch politische Veränderungen zu bewirken. Das ist eine bittere Erkenntnis, die den Essay wichtig und lesenswert macht. M’Barek, die als Journalistin unter anderem für Zeit online schreibt und einen erfolgreichen Politik-Podcast betreibt, kritisiert außerdem, dass linker Protest oft zu akademisch, zu weiß und zu privilegiert sei und dass ihm die Vielstimmigkeit, die unterschiedlichen Perspektiven fehlten. Dem Essay ist eine unverkennbare Dringlichkeit eingeschrieben: «Die Welt geht ja trotzdem unter, während man recht hat, Protestierende sind sich der knappen Zeit durchaus bewusst.» M’Barek plädiert abschließend zwar für einen empathischen Umgang miteinander, konkretere Ideen für erfolgreicheren (Klima-) Protest fehlen aber. Trotzigen Zynismus, eine Überstrapazierung des Wortes «ficken» (13-mal auf knapp 90 Textseiten) und eine ausschließliche Schwerpunktsetzung auf bundesdeutsche Politik und Beispiele muss man bei der Lektüre mögen oder zumindest in Kauf nehmen.