Was ist mit euch?

Der Künstlichen Intelligenz ist vieles zuzutrauen, aber so grausliche Texte schreiben wie Boulevardjournalist Michael Jeannée kann sie noch nicht. Das Ergebnis meiner Aufforderung an ChatGPT, einen Text im Stil des Krone-Kolumnisten zu den «Klimakleber*innen» zu schreiben, war eher harmlos, nicht deftiger als eine Warnung vor dem «wildgewordenen Mob».

Jeannée selbst, der einst über eine 14-jährige Person, die bei einem Einbruch in einen Supermarkt erschossen wurde, sagte, «wer alt genug zum Einbrechen ist, ist auch alt genug zum Sterben», und der Solidaritäts-Adressen an Schauspieler richtete, weil sie sexueller Übergriffe beschuldigt wurden, hat sich hingegen nicht bitten lassen. Unlängst verkündete er in seiner Kolumne Post von Jeannée, er sei höchstpersönlich gereizt, an Straßen pickenden Klimaaktivist*innen eine zu «kleben».

So ungebremst wie Jeannée ist in der österreichischen Presse sonst keine*r, seine Haltung zum Klimawandel ist aber womöglich ehrlicher als die von anderen Journalist*innen. Was sollen wir von angeblich so seriösen Tageszeitungen halten, die auf der Titelseite vor Rekordhitze und Erderwärmung warnen, und im Blattinneren (zwischen von Autoreklame gefüllten Seiten) den neuen BMW Roadster für seinen frischen Schwung loben? Oder von Politik-Redakteur*innen, die Klima-Aktivist*innen als «Eiferer» geißeln?

Ein positiver Schritt ist der Klima-Kodex des Netzwerk Klimajournalismus, den mehrere österreichische Medien unterzeichnet haben, darunter die Austria Presse Agentur und die Gratiszeitung Heute. Der Kodex ist kürzer als diese Kolumne. Er hält fest, dass die Klimakrise ausreichende Berichterstattung erfordert und dass Klimajournalismus kein Aktivismus ist. Im Grunde ist das bloß ein atmosphärisches, kulturelles Bekenntnis. Trotzdem ist es wichtig. In diesem Hitzerekordjahr, in diesem beginnenden Hitzerekordjahrzehnt, sollten der Klimawandel und Maßnahmen zu seiner Bekämpfung Hauptthema sein.

Allerdings haben viele Medien diesen Minimalkonsens bisher nicht unterschrieben, darunter der ORF, Der Standard, die Krone. Warum eigentlich nicht?

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