Ein unwiederbringlicher Verlust

Heftige Liebeserklärungen flankieren das Ende der Wiener Zeitung. Soli-Veranstaltung, Elfriede Jelinek schickt eine Grußbotschaft. Die WZ «steht für Objektivität, Seriosität, Journalismus und Feuilletons auf höchstem Niveau», so ein Offener Brief der IG Autorinnen Autoren. «Sie hat Maria Theresia erlebt und Mozart, die Glanzzeiten der Donaumonarchie und ihren Untergang, die Zerstörung der Republik und ihre Wiedererrichtung.» Applaus, Theaterdonner.

Gleichzeitig geht ZackZack das Geld aus. Keine 300 Jahre alt wie die Wiener Zeitung, sondern nur circa drei, gegründet vom zweifellos fragwürdigen Peter Pilz mit Kohle aus der Konkursmasse seiner Partei. Wer mich fragt, wer für die freie Presse wichtiger war, Wiener Zeitung oder ZackZack, it’s not even close.

Der Kurt-Vorhofer-Preis für herausragende politische Berichterstattung ging heuer an … die Wiener Zeitung. Deren Einstellung sei ein unwiederbringlicher Verlust für Österreich und seine Medienlandschaft, befand die Jury. Warum eigentlich? Konkrete publizistische Leistungen der WZ nennt die Begründung nicht. Klar, die gab es. Doch erst 2015 erhielt die WZ ein Redaktionsstatut und damit formell die Unabhängigkeit von ihrem Eigentümer, dem Staat. Auch danach war die Zeitung oft mutlos, fad.

Den tollsten Journalismuspreis bekam ZackZack als Einschreiben: eine Einschüchterungsklage von René Benko, Streitwert eine Million Euro. ZackZack gewann. Vieles, was es über Sebastian Kurz und sein Umfeld aufdeckte, wurde in der restlichen Presse als «ka Gschicht» abgetan. Leser*innen sahen das anders.

Wenn ich an Texte in der Wiener Zeitung denke, fällt mir eine Kolumne von Christian Ortner ein. Als Hunderttausende die Flucht nach Europa wagten, schwadronierte er von «Völkerwanderung» und verteidigte ein «Recht der Nationen, über ihre ethnische Zusammensetzung souverän zu entscheiden». Damit bediente Ortner den rechten Rand. Warum gab ihm die WZ bis zuletzt eine Bühne?

In der Gleichzeitigkeit des Endes der Wiener Zeitung und von ZackZack ist Ironie versteckt, ein echt österreichischer Witz. Die Herrschaftszeitung, die in ihren 300 Jahren fast nie unabhängig war, und die goscherte Enthüllungsseite, sie gehen gemeinsam ins Grab. Rest in peace.

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