Sehr geehrter Dr. Haslauer

Im April 2023 fand die Landtagswahl in Salzburg statt. Dieser offene Brief wurde an Wilfried Haslauer (ÖVP, stimmenstärkste Partei) geschickt. Mittlerweile sind die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen und eine schwarz-blaue Landesregierung fixiert.

Der Unmut vieler Kunst- und Kulturarbeiter*innen und Künstler*innen über die Entscheidung, die FPÖ in die Landesregierung zu holen, dürfte Ihnen nicht entgangen sein. Dies hat zum einen im Allgemeinen damit zu tun, dass es eine Front in der Kunst- und Kulturszene gegen jeglichen Rechtspopulismus in politischer Verantwortung gibt, zum anderen aber auch mit der ganz pragmatischen Entscheidung, die nun vor Ihnen liegt, wer denn das Kulturressort übernimmt. Geht man die Ressorts durch, die Ihre Partei gerne kontrollieren möchte, bleiben zwangsläufig jene übrig, die von Grünen und Neos bisher verantwortet wurden. Darunter auch das Kulturressort, in der sich die freie Kulturszene wiederfindet. Es käme einem kulturpolitischen Kahlschlag gleich, würde dieses Ressort an die FPÖ gehen.

Eine Partei, deren Parteiobmann offen mit der autokratischen Führungsmethode Viktor Orbáns liebäugelt, einem Politiker, dem es nicht nur gelungen ist, die Medienfreiheit abzuschaffen, sondern auch vielen staatlich finanzierten Kultureinrichtungen den Geldhahn abzudrehen, weil sie zu zeitgenössisch und zu wenig nationalistisch agierten in ihrer Programmgestaltung. Die Folgen dieses Handelns: Theater mussten schließen, Museen kämpfen bis heute stark untersubventioniert ums Überleben, die zeitgenössische Kunst wurde zurückgedrängt in den Untergrund – und ins Ausland, wo sie erfolgreich ist. Das alles erinnert stark an die Kulturpolitik während des Nationalsozialismus, damals wurde Kultur regelrecht instrumentalisiert und für die politischen Machenschaften des Regimes missbraucht. Der NS-Staat betrieb Kunstförderung als «Politik mit Hilfe der Kunst». Kultur erhielt eine bestimmte soziale und politische Aufgabe und wurde innerhalb der nationalsozialistischen «Erziehungsdiktatur» als Mittel zur Gleichschaltung der Menschen eingesetzt.

Kunst und Kultur ist mehr als ein «Nice to have». Menschen können nicht ohne Kunst und Kultur leben, das beweist die Geschichte. Es muss unser aller Anliegen sein, dass sie den Menschen erlebbar gemacht wird und damit tief im Menschentum verankert bleibt. Und nicht mit Füßen getreten wird.

Leo und Verena Fellinger

Kulturverein Kunstbox Seekirchen

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