Ein Zoom auf das Programmkino Wels (PKW) anlässlich zehn Jahre filmischer Nahversorgung.
von Markus Zeindlinger
Neues Publikum gewinnen, andere Leute ansprechen. Für Hanna Meyer-Votzi, im Programmkino Wels mit Filmauswahl und Büroorganisation betraut, ist das ein wichtiges kulturpolitisches Anliegen. Schließlich will man, dass die Menschen nicht nur Butter, sondern auch Käse und Wurst am Brot haben. Seit der Verein am 23. März 1990 mit einer Vorstellung von „Cinema Paradiso“ seine Tätigkeit als kinematographischer Feinkostladen in Wels angetreten hat, gab es aber immer wieder Phasen, in denen selbst die Mindestversorgung schwer zu bewerkstelligen war. Nicht zuletzt weil Film bei den politisch Verantwortlichen noch immer schlicht als Unterhaltung und nicht als Kunstform gehandelt wird.
Anfang dieses Jahres wurde von der Stadt eine fünfzigprozentige (!), später eine dreißigprozentige Subventionskürzung angekündigt. Zusammen mit der bereits fixen fünfzehnprozentigen Mieterhöhung hätte diese Reduktion das Aus für das Programmkino bedeutet. Die städtische Kulturverwaltung schlug daraufhin Einsparungen bei den Personalkosten vor. Der Haken dabei ist allerdings, dass es nur eine Angestellte für zwanzig Bürostunden gibt. Die restliche Arbeit teilen sich die ausschließlich ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Die angedrohten Kürzungen wurden dann nicht wahr gemacht. Auf die Auszahlung der Gelder für das laufende Jahr wartet man allerdings bis dato.
Von den Geldern aus öffentlicher Hand bleibt nur ein geringer Teil fürÕs Kinomachen. Den Subventionen der Stadt Wels von S 327.000,– standen 1999 Abgaben ans Magistrat (Miete, Lustbarkeitsabgabe, Kommunalsteuer) von S 390.000,– gegenüber. Weil es sich bei den Subventionen streng genommen um eine Mietvorstreckung handelt, ist auch vom Bund nur unregelmäßig und wenig Geld zu bekommen. Von den öffentlichen Stellen wird einerseits verlangt, dass sich Initiativen wie das PKW Sponsoringpartner aus der Wirtschaft suchen. Allerdings werden die Unmöglichkeit, über längere Zeiträume abgesichert zu arbeiten und die geringe Werberelevanz einer relativ kleinen Kultureinrichtung für Unternehmen dabei oft übersehen. Andererseits geistert das Schlagwort der kreativen Nischenfindung durch die Köpfe der PolitikerInnen. Das PKW findet oft spezielle Aufhänger für sein Angebot. Bei „Fargo“ war der Eintritt für schwangere Polizistinnen frei; Casablanca lief einmal im „Bogart Musik Pub“. Aus der Not, nur einen Spieltag in den Lichtspielen im Greif zur Verfügung zu haben, wurden letztes Jahr alle Filme, die für einen bestimmten Monat geplant waren, innerhalb von vierundzwanzig Stunden gezeigt. Die cinephilen MarathonläuferInnen wurden mit Energy-Drinks, einem Frühstücksbüffet im Hotel Greif und Mittagessen im Hof bei Laune gehalten.
Mit dem Schüler- und Jugendfilmfestival YOUKI, das letztes Jahr bei der bereits wieder eliminierten „Kinova“ beheimatet war und von nun an jährlich stattfinden soll, betritt das Programmkino heuer neues Terrain als Veranstalter. Von 22. bis 25. November werden im Schl8hof Videofilme von Jugendlichen zu sehen sein. Eine aufbauende Workshop-Reihe befasst sich heuer mit Drehbuchschreiben, Storyboarding und Aktionsfilmen mit Digitalkamera und PC. In den nächsten Jahren geht es um Kamera, Schnitt und schließlich Postproduktion. LehrerInnen und SchülerInnen kommen in Gruppen gleichwertig als Lernende zusammen. Ergänzt wird das Festival durch eine Filmreihe im Greif unter dem (vorläufigen) Titel „Jugend im Zeitenwandel“.
Derartige Events sollen jedoch die Naschereien bleiben. Eine nahrhafte Ergänzung zum täglichen Brot kontinuierlichen Programmkinoangebots. Schwierigkeiten bereitet dabei die vertrackte Mietsituation: Die Stadt Wels ist Pächterin der Lichtspiele im Greif, wo sich das Programmkino für seine Filmvorführungen einmieten muß. Der Raum wird vom Magistrat aber auch für Theater, Tanz, Modeschauen, Vereinssitzungen und sogar Hochzeiten vermietet. Die Termine für Filmvorführungen können frühestens vier Monate im voraus eingetragen werden. Melden sich beim Magistrat lukrative MieterInnen, kann es auch zum kurzfristigen Kippen oder Tauschen von Terminen kommen. Von Anfang September bis Ende dieses Jahres stehen dem PKW beispielsweise ganze zweiundzwanzig Spieltage zur Verfügung. Die Pausen von fast vier Wochen zwischen den Terminen bereiten auch dem Publikum Schwierigkeiten. Einige Tage Anlaufzeit für die neue Spielserie lassen sich da nicht vermeiden. Seit längerem ist man daher auf der Suche nach einem Ausweichquartier und trat vor eineinhalb Jahren an den Geschäftsführer des Zentral-Kinos, Herrn Putschögl, mit diesem Anliegen heran. Der hätte damals nur den kleinen Saal zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich aber um eine wegen ihrer Raumproportionen dem Filmgenuß abträgliche Unzumutbarkeit.
Vor kurzem bot dann Putschögl, der das CineWorld Multiplex in Wels von vier auf acht Säle ausbauen wird, von sich aus das Zentral-Kino, das praktisch keinen Gewinn mehr abwirft, an. Bei der Ablöse der Investitionen, die Putschögel in den letzten Jahren getätigt hat, bedarf es allerdings der Stadt Wels als finanziellen Partner. Vizebürgermeister und Kulturstadtrat Stieger hat bereits einer Zeitung gegenüber geäußert, dass er bereit ist, mit in die Verhandlungen zu gehen. Nach den jahrelangen, gescheiterten Reanimationsbemühungen um die Filmtage, wäre das ein positives Zeichen für die filmische Nahversorgung des Welser Raumes. Die Chancen auf ein eigenes Haus und die Möglichkeit, kontinuierlich Programm bieten zu können, rücken für das PKW damit erstmals in greifbare Nähe. Es gibt Ideen, das Zentral zu einem Filmkulturzentrum umzugestalten, das einen großen, technisch sehr gut ausgestatteten Saal, das Büro, ein Archiv und ein Beisl beherbergen könnte.
Mit einem neuen Haus wäre es auch leichter, neues Publikum zu gewinnen und breitenwirksamer aufzutreten. Die cineastischen FeinschmeckerInnen würden auf jeden Fall mit dem PKW mitwandern. Zwischen 12.000 und 14.000 Menschen Ð mehrheitlich aus der Altersgruppe zwischen fünfundzwanzig und fünfundvierzig Ð sehen jährlich die ausgewählten Filme. Laut einer eigenen Umfrage zählen wesentlich mehr Frauen als Männer zu den Stammgästen. Auch die Kinderkino-Schiene ist sehr gut etabliert. Zehn Jahre verdienstvoller Arbeit wollten also würdig gefeiert werden. Am Wochenende um den ersten April 2000 lud das Programmkino zu einem dreitägigen Fest mit Filmplakatflohmarkt, Konzerten, Filmrätselspiel und einer Aufführung der französisch-holländisch-britischen Koproduktion „Train de vie“ von Radu Mihaileanu. Im übrigen Österreich läuft der kontroversielle und spannende Film erst im Herbst an. Das Programmkino Wels konnte seinen Festgästen diesen Leckerbissen schon vorab kredenzen.
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