Editorial

Liebe Kulturgeleiteten!

Jetzt ist schon wieder was passiert. Während die letzten Beiträge für unsere Sommerausgabe eintrudeln, geht alles Schlag auf Schlag: Odin wird in den Landeskulturbeirat nominiert. Wotan und Heinrich der Korruptionsbereitschaft überführt. Odin verzichtet auf seine Nominierung. Wotan und Heinrich legen ihre Funktionen zurück. Ein Kleiner muss gehen. Dann gehen seine parteiangehörigen Minister*innen. Einem Kurzen wird das Misstrauen ausgesprochen. Dann seiner ganzen Regierung. Zuletzt wird eine erste Bundeskanzlerin angelobt. Zack, zack, zack.

Dass ein vierteljährlich erscheinendes Medium nicht immer brandaktuell sein kann, versteht sich von selbst, aber dass der Mai wirklich alles neu machen sollte, hätte niemand voraussehen können.

Dabei geht es in Oberösterreich ganz ohne Ibiza heiß her: Am 8. Mai 2019 stieß Landeshauptmann Stelzer den Entwicklungsprozess zum neuen Kulturleitbild (KLBneu) an. Das kam so vorzeitig und überraschend, dass sich in der Kunst- und Kulturszene berechtigte Ängste und Fragen breit machten: Wieso jetzt? Was steckt dahinter? Was kann passieren?

Um diesen Unsicherheiten etwas Produktives entgegenzuhalten, versteht sich die Nummer 170 der KUPFzeitung so zugespitzt wie noch nie als Informationsgrundlage und Argumentationswerkzeug. Wir möchten unser Möglichstes tun, um aus dem Kulturleitbild kein Kulturleidbild zu machen. Das geht so:

Klemens Pilsl sagt in seinem Leitartikel, was strategisch und ideologisch beim KLBneu Sache ist und Beate Kegler erklärt das wissenschaftliche Drumherum. Anna Fessler und Kathrin Quatember diskutieren, wer ausgeschlossen wird und wie man sich beteiligen kann – und es wird deutlich: Es braucht gerade die Schwachen, die Unterrepräsentierten und die Vielen.

Während Nicole Schöndorfer (Kultur-)Leitbilder auf ihren utopisch-subversiven Gehalt überprüft, widmen sich einige Beiträge den möglichen Inhalten des KLBneu: Ein spielerisches Lexikon, ein satirischer Integrationsleitfaden, die Gnackwatsch’n und vier prominente Stimmen geben Einblick darüber, wie Heimat, Tradition und Kunst bei uns zusammengehen. Von Salzburg (im Gespräch mit dem Dachverband Salzburger Kulturstätten oder der LEADER-Managerin Diana Schmiderer) und Gallneukirchen lernen wir, wie gutes Kulturleitbilden gehen kann; vom Leerstandsmanagement in Linz, der Diskussion um ein Fotomuseum für Österreich und Simone Seymers Bericht zur Kulturarbeit in Hallein, was wir ändern müssen. Thomas Stelzer und Josef Pühringer verraten vor allem durch das, was sie im Interview nicht sagen, was auf uns zukommt.
Das Herzstück dieses Schwerpunkts ist der Forderungskatalog. Sie dürfen ihn heraustrennen und in der Brusttasche führen und potentiellen Neuordner*innen vor die Nase halten.

Und noch etwas hat sich verändert: Während sich die einen noch ihre Leitbilder zurechtrücken, hat sich die KUPFzeitung eine neue Leitung zugelegt. Seit fast drei Monaten darf ich mich kritisch und diskursanalytisch für die KUPFzeitung betätigen. Ich bedanke mich für dieses Vorschussvertrauen beim ganzen KUPFteam, bei allen Mitwirkenden dieser Ausgabe und – allen voran – bei Tamara Imlinger, unserem eigenen personifizierten Leitbild, das der KUPFzeitung glücklicherweise weiterhin erhalten bleibt. Gemeinsam freuen wir uns auf viele bunte Ausgaben, unterschiedliche Sichtweisen und einen produktiven Austausch.

Manches bleibt aber doch beim Alten: keine KUPFzeitung ohne Sex, Punk, Emanzen, Comics (hier und hier), einer Rezension, Intimitäten aus dem KUPFbüro sowie Leseempfehlungen und Veranstaltunghinweise (in der Printausgabe). In diesem Sinne –

Lassen wir uns nicht verleitbilden!

Katharina Serles

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