Leitbildende Landeshauptmänner

Was sagen Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer und der amtierende Landeshauptmann Thomas Stelzer zum Kulturleitbild neu?
Wir haben sie gefragt. Manches blieb offen.

Josef Pühringer

Vom bisherigen Kulturleitbild (KLB), das unter Ihnen entstanden ist, wurden vor allem Maßnahmen für die landeseigenen Einrichtungen umgesetzt, aber kaum etwas, das für die freie Szene vorgesehen war. Wieso?

Ich bin ein Gegner davon, die freie Szene aufzugliedern. Die freie Szene in Oberösterreich ist riesengroß. Natürlich sind die regionalen Kulturinitiativen von besonderer Wichtigkeit. Sie werden sicher im neuen Kulturleitbild (KLBneu) ihren gebührenden Platz finden.

Der neue Entwicklungsprozess sieht nur sechs Workshops vor. Wie sollen denn möglichst viele Kunst- und Kulturschaffende dadurch erreicht werden?

Wenn ich mich richtig erinnere, gab es letztes Mal zehn Workshops, aber einige waren extrem schlecht besucht. Für jene, die kamen, bedeutete das große Frustration. Wenn sich herausstellen sollte, dass der Diskussionshunger so groß ist, dass man ihn mit sechs Workshops nicht stillen kann, dann wird es kein Problem sein, den Prozess zu erweitern.

Geht es beim KLBneu darum, parteipolitische Interessen in der Förderlandschaft abzubilden?

Kultur muss gesellschaftliche Strömungen nicht nur akzeptieren, sondern soll sie auch kommentieren. Wer mit Scheuklappen versucht, das KLBneu in eine bestimmte Richtung zu drängen, der weiß, dass er einen Bauchfleck landet, bevor er noch damit begonnen hat. Ich halte es für entscheidend, dass die Politik sagt: Die Kunst ist frei, die Kunst ist unabhängig. Kunst wird gefördert, auch wenn sie mir nicht zu Gesicht steht, denn sie hat eine wichtige Aufgabe in der Gesellschaft.

Sie haben von Odin Wiesinger ein Bild geschenkt bekommen. Wo haben Sie das aufgehängt?

Ich habe einen Gutschein für ein Bild bekommen, bloß habe ich diesen bis zur Stunde nicht eingelöst.

Josef Pühringer (ÖVP) war von 1995 bis 2017 oberösterreichischer Landeshauptmann.

Thomas Stelzer

Sie schlagen eine Neuordnung des kulturellen Geschehens vor. War das Ihre persönliche Idee? Herrscht denn momentan Unordnung?

Ich habe mich für die Erstellung eines KLBneu ausgesprochen. Den geplanten Prozess dazu habe ich bereits Anfang März mit den Kultursprechern aller im Landtag vertretenen Parteien diskutiert.

Werden bisher nicht umgesetzte Maßnahmen in das KLBneu übernommen und an vorderste Stelle gestellt?

Konkrete Projekte und Maßnahmen, die im Zuge des Prozesses in die Diskussion eingebracht werden, werden als «Ideenspeicher» dokumentiert, sind aber nicht Teil des Leitbildes an sich.

Noch nicht erreicht wurde unter anderem die Förderung von Maßnahmen, die weibliche Kulturschaffende unterstützen oder Projekte fördern, die sich mit frauenspezifischen Themen auseinandersetzen. Manche dieser Projekte wurden 2018 von der Kulturdirektion um über 30 % gekürzt. Können Sie uns zusagen, dass diese Ziele höchste Priorität im KLBneu bekommen?

Wie bereits bei der Kick-off-Veranstaltung angekündigt, werde ich keine inhaltlichen Vorgaben für den neuen Prozess machen.

Wie gewährleisten Sie konkret, dass die Ergebnisse aus den Workshops in das KLBneu einfließen?

Damit viele Menschen die Chance haben, mitzumachen, werden diese sechs Workshops abends und in unterschiedlichen Regionen in Oberösterreich stattfinden. Die Projektleitung steht über die Workshops hinaus selbstverständlich für Diskussionen zur Verfügung. Wir werden alle Ergebnisse aus allen Workshops und Diskussionen öffentlich dokumentieren und mit dem neuen Landeskulturbeirat diskutieren.

In dem letzten offenen Brief an Sie forderte eine Vielzahl Kulturschaffender eine Ablehnung aller rechtsextremen, identitären Kultur- und Heimatbilder. Wie werden Sie das umsetzen?

Extremismus erteile ich in jede Richtung eine Absage. Die Kulturarbeit des Landes steht am Boden unserer Verfassung – Tendenzen oder Bewegungen, egal aus welcher politischen Richtung, die dem entgegenstehen, haben keinen Platz in unserem Land.

2011 wurde das Kulturförderungsgesetz, auf Basis der Novellierung des KLB, grundlegend verändert. Steht dem jetzigen Fördergesetz mit dem KLBneu auch eine grundlegende Änderung bevor?

Eine Änderung des Kulturförderungsgesetzes ist derzeit kein Thema.

Thomas Stelzer (ÖVP) ist seit April 2017 oberösterreichischer Landeshauptmann.

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