Von Rechts nichts Neues

Sie haben Angst verbreitet in Europa, im Sommer 2018. Denn auch seriöse Medien aus großen Verlagen schrieben eher aufgeregt denn analytisch darüber, dass die propagandistische Erfahrung eines gewissen Steve Bannon Europas Ultra-Rechte vereinen und auch im EU-Parlament an die Macht bringen könnte. Medienwirksam traf er sich mit Salvini und Wilders, Orban und Le Pen. Die Politikanalyst*innen kommentierten und die Berichterstattung war alarmistisch. Aber bald schon wurde es wieder still um Donald Trumps in Ungnade gefallenen Chefstrategen. Die gemeinsame Propagandaschlacht blieb aus. Bannon zog sich in die Gegend um Rom zurück, wo er angeblich an einer Kooperation mit dem erzkonservativen katholischen Dignitatis Humanae Institute arbeitet. Dass er nicht wie erwartet reüssierte, mag auch daran liegen, dass Europa gar keinen Re-Import rechter Propaganda braucht. Denn erstmals folgenreich eingesetzt worden war sie hier, und zwar von den Nationalsozialist*innen. Mit Funk, Film und Presse alles nutzend, was damals zur Verfügung stand, hielten sie sich strikt an die drei wichtigsten Grundregeln: wiederholen, wiederholen, wiederholen. Eine Vorgangsweise, die auch Message-Controller Kurz eifrig beherzigt. Wenn der Koalitionspartner parallel dazu mit offenen Drohgebärden an der Einschüchterung kritischer Journalist*innen und hinter den Kulissen am Ausbau parteinaher Medien arbeitet, kann einem schon anders werden. Die Plattformen Wochenblick und unzensuriert.at und das Identitären-nahe Info-direkt gelten in rechten Kreisen mittlerweile als Erfolgsmodelle. Der Know-how Transfer zu anderen rassistisch-nationalistischen Parteien ist in vollem Gange. Damit diese Machenschaften nicht unbemerkt bleiben, hat sich letztes Jahr unter dem Motto „Sechs Zeitungen sehen mehr“, der transnationale Rechercheverbund Europe’s Far Right (EFR) gegründet. Dem Netzwerk, das sich länderübergreifend mit den Medien-Strategien der Rechtspopulist*innen beschäftigt, gehören mit Medien wie der taz und dem Falter, der italienischen Internazionale oder der ungarischen HGV, fast nur kleine Verlage an. Umso erfreulicher ist es, dass diese Kollaboration mit dem diesjährigen Concordia Preis für Pressefreiheit ausgezeichnet wurde. Denn hier begnügt sich ein Trupp unerschrockener Journalist*innen nicht damit, kurzatmig Alarm zu schreien. Produziert werden – so die Laudatio – exzellent recherchierte und engagiert geschriebene Texte, die lange nachwirken.
Es geht also auch Mut um, in Europa.

Barbara Eppensteiner denkt politisch, liebt gute Filme und interessante Texte und setzt sich auch deshalb in ihrer Arbeit für kulturelle und mediale Partizipation ein. Seit 2005 als Programmintendantin beim Wiener Community Sender Okto.okto.tv

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