Liebe Klassenfreund- und -feind*innen!

Ich bin Akademiker*innenkind, wurde von klein auf in Bildungs- und Kultureinrichtungen mitgenommen, habe Germanistik studiert, lebe in einer Eigentumswohnung und werde erben. Als ich zum ersten Mal die Universität betrat, fühlte ich mich zugehörig; wenn ich in ein Museum gehe, weiß ich, wie ich mich verhalten soll. Als ich allerdings vor Jahren die Modelleisenbahnanlage Miniatur Wunderland in Hamburg besuchte, war ich überfordert. Ich wusste nicht, wie ich die Räume begehen sollte und mir war unklar, worauf ich wie schauen sollte. Es war eine Schlüsselszene darüber, wie stark meine soziale Herkunft und Zugehörigkeit mein Kulturverständnis und -erleben beeinflussen.

„Der Kulturbetrieb ist grundlegend durch Klassismus geprägt“, schreibt Anthropolog*in Francis Seeck und spricht damit einerseits die Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer ‚Klasse‘ an – sowohl was Ausbildung und berufliche Möglichkeiten, als auch was Zugang zu Kunst und Kultur betrifft. Andererseits ist darunter die Abwertung oder Aneignung von Kultur zu verstehen, die nicht als ‚Hochkultur‘ gilt, sondern der Arbeiter*innenklasse zuzuordnen ist. Welche Form von Kunst wird vorrangig subventioniert? Wer kann es sich leisten, in welches Theater zu gehen? „Irgendwas mit Kunst“ zu studieren? Von der Kulturarbeit zu leben? Diese Themen anzusprechen? Wer möchte das überhaupt, wer hat Zeit dazu und wer wird gehört?

Die vorliegende Ausgabe – in brandneuem Design von Michael Reindl und mit intersektionalen Illustrationen von Cleo Rinofner – wirft einen Blick auf diese Fragen und darauf, was uns wieso lieb, wert und (zu) teuer ist. Vieles ist neu, manches wird treue Abonnent*innen überraschen, einiges ist noch im Prozess, aber wie immer ist uns kritische, fachgerechte und niederschwellige Berichterstattung das größte Anliegen. Wir hoffen, das kommt an und freuen uns auf eure Rückmeldungen.

Und wer kann es sich leisten, einen der umkämpften Kulturjobs zu kündigen? Nach bald vier Jahren Arbeit für die KUPF OÖ heißt es für mich – auch mit dem eingangs genannten Sicherheitsnetz – Abschied zu nehmen. Es war mir eine große Freude und Ehre, den kulturpolitischen Diskurs ein Stück weit mitzutragen und von fantastischen Menschen im Zeitungs- und Büroteam sowie im Vorstand zu lernen. Ein herzliches Dankeschön auch an alle Beiträger*innen und Leser*innen, die uns in dieser Zeit unterstützt und begleitet haben. Ohne euch gäbe es die KUPFzeitung nicht.

Bleibt kritisch und klasse! Katharina Serles für die Redaktion

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