Schreiben in den Städten

Wer Kulturmagazine liest oder Kulturstätten in den sozialen Medien folgt, stößt manchmal auf folgende Ausschreibung: Stadtschreiber*in gesucht. Ziel dieser ‚Residencies‘ ist es einerseits, durch den frischen Blick von außen neue Perspektiven auf Altbewährtes zu entwickeln, die lokale Kunst- und Kulturszene zu beleben und den Schreibenden einige Monate Rahmenbedingungen für das Arbeiten zu ermöglichen. Zu diesem Zweck stellt die Gemeinde einen Wohn- oder Arbeitsraum und ein Stipendium zur Verfügung, das in der Regel zwischen 1.000 und 1.500 EUR beträgt. Im Gegenzug verpflichten sich die Eingeladenen zu (in der Regel unentgeltlichen) Auftritten, Workshops und / oder ortsbezogenen Texten, deren Nutzungsrechte nicht selten an die Geldgeber*in abgetreten werden müssen. Stadtschreiber*innen-Stellen sind unter Schreibenden umstritten. Kritikpunkte sind z. B. die Höhe der Entlohnung im Verhältnis zur zu leistenden Arbeit, mangelnde Öffentlichkeitsarbeit vor Ort oder Rahmenbedingungen, die mit dem Leben der meisten Autor*innen nicht vereinbar sind, allen voran die Anwesenheitspflicht. Wie kann es sein, dass etwas, das sich Kunstförderung auf die Fahnen schreibt, in der Realität so oft an den Bedürfnissen derer vorbeigeht, die es zu unterstützen vorgibt? Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass Residencies zwar von der Mehrheit der Künstler*innen als sehr produktivitätssteigernd wahrgenommen werden, sie aber selten einen dauerhaften Einfluss auf Karrieren haben. Auch wenn Städte betonen, wie wichtig ihnen Vernetzung und Nachwuchsförderung sind, scheitert es in der Realität oft an den Ressourcen für Öffentlichkeitsarbeit, an Kontakten oder am Interesse der lokalen Bevölkerung.
Wie also könnten Stadtschreiber*innen-Stellen optimiert werden, damit alle Beteiligten längerfristig davon profitieren können? Johannes Crückeberg, Autor von Künstlerresidenzen. Zwischen Cultural Diplomacy und Kulturpolitik, plädiert für Vernetzung unter Ausschreibenden und das Lernen aus Best-Practice-Beispielen. Ich appelliere an die Interessenvertretungen, die GAV, die IG Autorinnen Autoren oder den PEN-Club, Arbeitsgruppen zu bilden, eigene Daten zu erheben, Erfahrungsberichte zu sammeln und einen Leitfaden für interessierte Kommunen zu entwickeln.

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