Neue linke Mehrheiten in der Stadt Salzburg: Was bedeutet das für die Arbeit von Kulturinitiativen? Verena Humer von der KUPF OÖ hat bei Thomas Randisek, Geschäftsführer Dachverband Salzburger Kulturstätten, nachgefragt.
Das Bundesland Salzburg gilt, was Fair Pay betrifft, bundesweit als absoluter Vorreiter. In den vergangenen fünf Jahren brachte die städtische ÖVP-Kulturpolitik allerdings auch die Verhinderung des Projektes Rauchmühle (Probenhaus für die freie Tanzszene) und als Resultat die “Privatisierung” des Projektes mit sich. Zudem wurde die Förderung des Dachverbandes Salzburger Kulturstätten im 30-Jahre-Vergleich um mehr als 8 % gekürzt. Seitens der ÖVP kam es in der letzten Funktionsperiode immer wieder zu Verhinderungsstrategien im Kulturausschuss, vor allem wenn es sich um Förderanträge der freien, zeitgenössischen Kulturszene handelte.
Die Kräfteverhältnisse im Salzburger Gemeinderat haben sich nach der Wahl im März 2024 stark verändert. Davor regierte eine ÖVP-SPÖ-Koalition mit einem ÖVP-Bürgermeister. Nun gibt es eine neue Mehrheit mit 26 Mandaten: 11 für die SPÖ, 10 für die KPÖ Plus und 5 für die Bürgerliste. Das ist eine klare linke Mehrheit.
Verena Humer: Wie geht es nun der Kulturpolitik in Salzburg?
Thomas Randisek: Das Wahlergebnis und das daraus resultierende Parteienübereinkommen sind ein bemerkenswertes inhaltliches Signal für die Freie Kulturszene. Unter der voherigen ÖVP-SPÖ-Koalition herrschte wie in anderen Politikfeldern Stillstand. Der neue Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ), der Kulturreferent geblieben ist, hat nun schnell und effizient eine neue Regierung gebildet. Das Kulturprogramm spielt im Arbeitsübereinkommen eine wichtige Rolle. Unterzeichnet wurde es von drei Parteien – SPÖ, KPÖ Plus und Bürgerliste – die Stadt-ÖVP hat dieses übrigens nicht mitunterzeichnet.
Humer: Wie realistisch ist die Umsetzung der dort festgelegten Punkte?
Randisek: Unsere Aufgabe als Interessenvertretung ist die kritische Begleitung des Umsetzungsprozesses. Auch die vorherige Regierung hat kulturpolitische Versprechungen gemacht, diese aber nicht gehalten. Diesmal sind die Voraussetzungen optimaler, zumal der Bürgermeister und Kulturreferent auch für die Finanzen zuständig ist. So gibt es bereits einschlägige Beschlüsse wie die Abschaffung der Vergnügungssteuer und die Ausweitung von Fair Pay I [Kulturarbeiter*innen in Anstellungsverhältnissen] auf Fair Pay II [selbstständig tätige Künstler*innen und Kulturvermittler*innen].
Humer: Wie wird die Kommunikation zwischen dem Kulturreferenten und jetzigen Bürgermeister und den Interessenvertretungen sein?
Randisek: Die Kommunikation ist optimierbar, auch hier ist Besserung in Sicht: Unter den neuen Gemeinderatsmitgliedern gibt es nun mehrere Abgeordnete, die sich in der freien Kulturszene inhaltlich auskennen und auch Fachwissen einbringen. Eine gute Voraussetzung, um nicht bei Null anzufangen. Unser Forderungspaket wurde zudem im Regierungsübereinkommen berücksichtigt. Will heißen: Die Anliegen der Freien Kulturszene muss man eben prägnant formulieren, frühzeitig kommunizieren und möglichst präsent halten.
Humer: War Kultur ein Thema im Wahlkampf?
Randisek: Die Hauptthemen waren Wohnen und öffentlicher Verkehr, Kulturpolitik hat keinen großen Stellenwert im Wahlkampf gehabt. Die FPÖ hat übrigens im Vorfeld der Wahl öffentlich meinen Rücktritt als Geschäftsführer gefordert, da sie zur traditionellen Kulturdiskussion des Dachverband Salzburger Kulturstätten nicht eingeladen war. Der Grund war, dass der Spitzenkandidat Paul Dürnberger gemeinsam mit Identitären bei einer Veranstaltung aufgetreten ist und Mitgliedsvereine des Dachverband Salzburger Kulturstätten via Pressestatement frontal angegriffen hat. Seine Position: »Es gibt Vereine und Organisationen, die einen Haufen Geld von Stadt und Land bekommen. Wir wollen auf Herz und Nieren prüfen, ob die überhaupt förderungswürdig sind und werden nicht zögern, Kürzungen oder komplette Streichungen vorzunehmen. Heiße Kandidaten seien hier etwa der Musik-Klub Jazzit oder die Tanz-Akademie SEAD.«
Leicht auszumalen, wie solche Szenarien bei einer FPÖ-Mehrheit Realität werden. Nicht nur in Bezug auf die Kulturpolitik ist es demokratiepolitisch wichtig, dass solche dezidiert Rechtsradikalen nicht in politischer Regierungsverantwortung sind.
Humer: Was ist dein Fazit für die Freie Szene?Randisek: Die aktuelle Stadtregierung hat ein sehr respektables und ansprechendes Programm vorgelegt. Wir sind schon gespannt, ob diese ambitionierten kulturpolitischen Vorhaben mit den zuständigen Interessenvertretungen auch rasch umgesetzt werden, dafür gibt es jetzt eine Fünf-Jahres-Perspektive.
Meilensteine für die Freie Kulturszene, die im Arbeitsübereinkommen der neuen Salzburger Stadtregierung festgehalten sind:
- Raumoffensive für Kunst & Kultur
- Etablierung eines Media Hub
- Indexanpassung bei Jahres- und Projektförderungen
- Ausweitung mittelfristiger Förderungen
- Sanierungsprogramm für Kulturstätten in Bezug auf Barrierefreiheit, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
- Schaffung eines Ressourcenpools
- Einführung einer neuen Förderkategorie für Clubkultur
- Awareness-Schulungen im Kulturbereich
- Einführung eines Kultur-Euro