Kulturpolitik im blauen Wels 

Seit 2015 hat die FPÖ in Wels knapp die Hälfte der Sitze im Gemeinderat. Sie ist als „Team Rabl“ mit dem Wahlversprechen angetreten, Wels zu verändern. Was ist seither passiert? Wie wirkt sich ein Rechtsruck auf den Kulturbereich aus? Ralf Drack mit exemplarischen Entwicklungen. 

Reformen und Ausgaben
2016 wurde die Verwaltung mit dem Ziel reformiert, Kosten einzusparen. Es wurde eine neue Abteilung „Kultur und Bildung“ geschaffen, die ein politisches Mosaik darstellt. Fünf Referent*innen teilen sich die Verantwortlichkeiten: 2 FPÖ (Kultur, Jugend, Integration, Sport), 1 ÖVP (Volkshochschule, Stadtbücherei), 1 SPÖ (Kinderbetreuung), 1 GRÜNE (Alter Schl8hof Wels). Kulturpolitik ist zweifelsohne eine Querschnittsmaterie. 

Die Stadt Wels ist wohlhabend und schreibt seit zwei Jahren Überschüsse im zweistelligen Millionenbereich. Sie kann sich eine teure Ordnungswache, bauliche Großinvestitionen oder zuletzt einen Zuschuss von 3,5 Mio. Euro für eine Schießhalle des Polizeisportvereins leisten. Gut gefördert werden neben dem Sport auch Brauchtumsveranstaltungen und Events. 

Events und Alltagskultur
Geschmack hin oder her: Vielen Welser*innen gefallen die kostenlosen Angebote der Stadt. Mit Musikfestivals, Stadtfesten, Faschingsumzügen, Perchtenläufen, Maifeiern, Pop-Up-Konzerten in den Stadtteilen entsteht Begegnung. Hinzu kommen die Umsatzinitiativen des kommunal subventionierten Stadtmarketings mit Shopping-Night, Shopping-Week, Schnäpchenmarkt, Eislaufachter, Christkindl GmbH uvm. Gesamtheitlich betrachtet ist es für viele Menschen in der Stadt in Punkto Kulturerleben zu Verbesserungen gekommen. Beispielsweise verzeichnet der Alte Schl8hof Wels im Veranstaltungsbereich so hohe Besucher*Innenzahlen wie noch nie. Aber Zahlen sind nicht der alleinige Messwert, um Kulturentwicklung abzubilden.

Ein nicht unwesentlicher Aspekt der Kulturpolitik sind die Alltagskultur und die Qualität des Zusammenlebens. Dazu gehört auf kommunaler Ebene die Instandhaltung und Renovierung von Parkanlagen. Diese hat bereits vor 2015 begonnen und ist im Wesentlichen der engagierten Verwaltung zu verdanken. Wenngleich im Vergleich zu anderen Städten noch immer Luft nach oben ist. Bei 2023-2024 durchgeführten Stadtteilumfragen hat sich gezeigt, dass es in der Bevölkerung einen Wunsch nach mehr Austausch und Miteinander gibt. Die FPÖ hat darauf mit der Aktion „Plauderbankerl“ reagiert und Bänke im Stadtgebiet verteilt – etwas lieblos, z.B. an einer stark frequentierten Durchzugsstraße.

Rechtspopulistische Strategien
Rechtspopulistische Parteien wie die FPÖ produzieren Probleme, um mit Feindbildern Stimmen zu fangen. Eine kommunikativ leicht umzusetzende Erzählung, um den in der Praxis komplexen Lösungsansätzen aus dem Weg zu gehen. Damit können Wahlen gewonnen werden. Sozialräumliche und kulturrelevante Wirkungen haben bei politischen Entscheidungen der FPÖ selten Priorität. Oft mangelt es an Verständnis, Sensibilität und Wertschätzung. Mitunter gibt die Ideologie eine andere Richtung vor. Beispielsweise am Gelände des Alten Schl8hof Wels, wo über Veranstaltungen hinaus ein soziokulturelles Zentrum mit öffentlich zugänglichem Freigelände existiert. Dort trafen sich 2020 während der Corona-Pandemie verstärkt obdachlose Personen und es ist regelmäßig zu Alkohol-Exzessen gekommen. Reagiert wurde mit einem „Polimed“-Prozess, bei dem Polizei und Mediator*innenen mit den Beteiligten an einer Konfliktlösung arbeiteten. Das Ergebnis war eine auf das Gelände zugeschnittene Hausordnung und der Einsatz eines „Kümmerers“. Der zuständige Integrationsstadtrat und Vizebürgermeister Gerhard Kroiß (FPÖ) hat das ausgearbeitete Modell ignoriert und zeitgleich den Einsatz der „Welser Hausordnung“ angeordnet: „Schmeiß´richtig weg!“, „Red’ma Deutsch!“ „Mach’ kan Lärm!“, „Nimm Rücksicht!“, „Sei freundlich!“.

Investieren in Jugendkulturen
Das Freigelände Alter Schl8hof Wels war jahrelang ein Tummelplatz unterschiedlicher Jugendkulturen, Skater*innen, Breakdancer*innen, Hip Hop, Punk, Metal, migrantische Jugendliche uvm., man traf sich hier. Die Skate-Rampen wurden gepflegt und seitens der Stadt Wels gab es Jugend-Sommerprojekte. Jugendliche sagen, dass der Schl8hof viel von dem verloren hat, was er früher gewesen ist: ein cooler Ort zum Chillen und Abhängen ohne Kontrolle. Seit 2024 gibt es eine neue, junge Geschäftsführung, die wieder mehr Jugendliche ansprechen möchte und z.B. Gespräche mit Vertreter*innen der Szenen weiterführt, um etwa die Skate-Kultur wieder aufleben zu lassen.

Wels war und ist eine Stadt mit solider Finanzlage. Kulturelle und soziale Investitionen sind sinnvoller denn je.

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