Erben und Umverteilen

3 Fragen an … Marlene Engelhorn

Was ist eine Erbschaftsgesellschaft und welche Konsequenzen hat sie?

In Österreich ist Vermögen extrem ungleich verteilt: Ein Prozent der Menschen hält knapp die Hälfte des Gesamtvermögens, während die ‚untere‘ Hälfte der Bevölkerung sich keine drei Prozent teilt. Gleichzeitig besteuern wir weder Vermögen noch Erbschaften, was dazu führt, dass der Überreichtum der Wenigen unkontrolliert wächst und die Schere weiter auseinandergeht. Mit diesem Vermögen können Überreiche aber direkt Einfluss auf Politik (Parteispenden), Medien (eigene Zeitungen oder Sender) und Wirtschaft (Konzernmacht) nehmen. Diese Machtkonzentration steht im Konflikt mit der Demokratie. Das Verteilungssystem ist in der Schieflage und die Besteuerung von Vermögen und Erbschaften stellt ein sinnvolles und demokratisches Mittel dar, um das zu ändern.

Was stört dich am Diskurs über soziale Herkunft in Österreich?

Mir fällt auf, dass Klassenprivilegien – wie in der Regel andere Privilegien auch – kaum bis nicht besprochen werden. Der öffentliche Diskurs wird von Menschen geführt, die in aller Regel stark von Klassenprivilegien profitieren, das wird aber nicht reflektiert. Stattdessen gilt der Mythos, man sei irgendwie besser als andere. Und schlussendlich landen Menschen wie ich auf Podien, um über Betroffene von Klassismus zu sprechen, anstatt diese Betroffenen einzuladen und für sich selbst sprechen zu lassen. Es zeigt sich also einerseits ein großes Ungleichgewicht in der Deutungshoheit und andererseits eine Privilegienblindheit, die nicht selten in Rücksichtslosigkeit und Entwertung endet.

Was braucht es, um Klassenverhältnisse zu überwinden?

Zunächst wäre wichtig, Klassenverhältnisse sinnvoll zu beschreiben. Die Datenlage muss dafür auch stimmen. Für mich bedeutet das auch, dass wir Daten und Transparenz bei Vermögen brauchen. Die Ironie: Sogar bei Null Prozent Vermögenssteuer hätten wir als Gesellschaft die gesetzliche Grundlage, um Daten zu Vermögen zu erfassen. Es ist Zeit anzuerkennen, dass die Ungleichheit und die Frage der Verteilungsgerechtigkeit Kernthemen der Politik sind, die sich in konkreten Maßnahmen, insbesondere der Besteuerung, niederschlagen müssen.

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