Am 10. Juli wurden zwei rumänische Jugendliche am Linzer Schillerplatz von der Stadtwache angehalten. Der eine, Mihai, 14 Jahre alt und der andere, Bobi, gerade einmal 18. Ihr Vergehen: Sie haben gebettelt. Nicht aggressiv, sondern ruhig und höflich. Da Mihai aber minderjährig ist, wurde dem 18-jähigen Bobi vorgeworfen, beim Betteln „eine unmündige Person mitgeführt“ zu haben. Etwas, das nach der Bettelverordnung des Landes Oberösterreich (angeblich) verboten ist.
Die „Organe des Ordnungsdienstes“ nahmen den beiden Jugendlichen ihre Barschaft ab und tätigten einen Anruf bei der Bundespolizeidirektion. Diese verfasste nach den Angaben der Stadtwächter (ohne eigene Prüfung) eine Strafverfügung und schickte einen Beamten damit los, um sie dem straffällig gewordenen 18-jährigen auszuhändigen. 100 Euro oder 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe. Dass Bobi kein Wort Deutsch spricht und gar nicht weiß wie ihm geschieht, stört nicht.
Der ganze Ablauf dauerte nicht länger als 40 Minuten. Sehr effizient, nur wurde übersehen, dass es eine völlige Fehlentscheidung war. Im Oberösterreichischen Polizeistrafgesetz heißt es nämlich: „Wer in aufdringlicher oder aggressiver Weise, wie durch Anfassen oder unaufgefordertes Begleiten oder Beschimpfen, um Geld oder geldwerte Sachen an einem öffentlichen Ort bettelt (…) begeht eine Verwaltungsübertretung.“ (§1a. Abs.1).
Es ist also nur „aggressives“ Betteln verboten. Das Recht auf Betteln ist durch die europäische Menschenrechtskonvention geschützt (Artikel 8). Dies stellte auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Entscheid vom 30. 6. 2012 klar.
Konkret wurde Bobi ein Verstoß gegen § 1a Abs.3 vorgeworfen: „Wer eine unmündige minderjährige Person beim Betteln im Sinn des Abs. 1, in welcher Form auch immer, mitführt, begeht eine Verwaltungsübertretung.“
Ergo: Das Mitführen „unmündiger, minderjähriger Personen“ ist nur dann verboten, wenn so gebettelt wird wie in Absatz 1 beschrieben – also mittels anfassen, beschimpfen usw.
Das hätte Bobi in einem Einspruch vorbringen können. Wenn er des Deutschen mächtig gewesen wäre und Zugang zu Rechtstexten gehabt hätte. Er wählte aber die für ihn einzig mögliche Variante, sich der Strafe zu entziehen – er tauchte unter.
Natürlich gehört dieses Bettelverbot zur Gänze weg, und natürlich gehören alle Verantwortlichen, von Stadtrat Wimmer bis Bürgermeister Dobusch, durch Sonne und Mond gewatscht. Aber bis es soweit ist, sollten die bestehenden Einspruchsmöglichkeiten genutzt werden. Dem Vernehmen nach schreiben die Leute von Radio FRO (Kirchengasse 4) für Betroffene gerne Einsprüche.
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