Innovation und Tradition

Zwei unterschiedliche Studien über Frauen in Kunst und Kultur

Katrin Hassler, Kunst und Gender: Zur Bedeutung von Geschlecht für die Einnahme von Spitzenpositionen im Kunstfeld (transcript, 2017)

Deutscher Kulturrat (Hg.), Frauen in Kultur und Medien: Ein Überblick über aktuelle Tendenzen, Entwicklungen und Lösungsvorschläge, 2016

 

 

Katrin Hassler: Kunst und Gender

Die gute Nachricht: Frauen sind in den Sphären der Kunst an Machtpositionen relativ gleichberechtigt vertreten. Die schlechte: Dieser Bereich nimmt gesamtgesellschaftlich eine marginale Rolle ein. Diese Erkenntnisse sind zwar nicht neu, werden aber in der bemerkenswerten Studie der deutschen Kunstsoziologin Katrin Hassler erstmals empirisch untermauert. In ihrem Buch Kunst und Gender. Zur Bedeutung von Geschlecht für die Einnahme von Spitzenpositionen im Kunstfeld hat sie sich angesichts mangelnder quantitativer Analysen über Geschlechterasymmetrien im Bereich der Kunst in Anlehnung an Pierre Bourdieu eine detaillierte Studie dazu vorgenommen: Mittels Häufigkeitsauswertung, Streudiagrammen und Regressionsanalysen macht sie wesentliche Geschlechterstrukturen im Spitzenfeld der Kunst sichtbar; dieses umfasst Museumsdirektorinnen, Sammlerinnen, Kuratorinnen, bildende Künstlerinnen oder Galeristinnen. Demnach sind Frauen vor allem in vermittelnden Professionen stärker zu finden als in den produzierenden. Markantes Beispiel: Cindy Sherman ist als einzige Künstlerin in den Top 10 im Bereich der bildenden Kunst zu finden.

 

Deutscher Kulturrat: Frauen in Kultur und Medien

Was dieses bemerkenswerte Buch auszeichnet, ist nicht nur spannende Empirie, sondern auch die profunde Auseinandersetzung mit feministischer Theorie. Reduktionismus auf das Geschlecht liegt Hassler aber fern: Bourdieu folgend untersucht sie etwa zusätzlich zum symbolischen und ökonomischen Kapital den Einfluss von Alter und geografischer Herkunft auf Machtpositionen von Frauen im Kunstbetrieb. Ihr in drei große Kapitel gegliedertes Buch mit vielen Tabellen und leider zum Teil schwer leserlichen Grafiken setzt sich darüber hinaus auch mit der gesamtgesellschaftlichen Tatsache von Ungleichheit auseinander, an der auch die «Scheinfreiheit» von Frauen in Führungspositionen nichts ändert.

Völlig anders mit dem Thema verfährt hingegen die Bestandsaufnahme der vergangenen 20 Jahre über Frauen in Kultur und Medien, herausgegeben vom Deutschen Kulturrat. Neben dem Fokus auf die Interpretation von auf Statistiken und Befragungen basierenden Grafiken, finden sich in dem Sammelband Interviews, Anekdoten oder Lebensgeschichten. Themen wie Aussehen, Familie, Arbeitsmarkt, Alter oder das «Weibliche» werden in traditioneller Manier abgehandelt. Daneben wird oftmals auf das Recht verwiesen, wenn es um die Umsetzung von «Gleichheit» geht. Dabei hat schon Bourdieu gezeigt, dass sich im Recht und in seiner Anwendung nur die Ideen einer Gesellschaft spiegeln und der Kampf gegen die Asymmetrie der Geschlechter tiefer gehen muss.

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