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Es ging ein Aufschrei durch die bürgerlichen Medien in Deutschland – der auch in den heimischen Niederungen Widerhall  fand –, als der Stuttgarter Thienemann-Verlag im Jänner verkündete, dass er aus den Kinderbuchklassikern von Otfried Preußler (z.B. «Der Räuber Hotzenplotz») diskriminierende Begriffe wie das «N»-Wort ersatzlos streichen werde. Schon einige Jahre zuvor hatte der Verlag Friedrich Oetinger aus seinen aktuellen Übersetzungen von Astrid Lindgrens «Pippi Langstrumpf» rassistische Bezeichnungen eliminiert. In einer Erklärung auf der Verlags-Homepage heißt es dazu: «Diese Begriffe sind heute nicht mehr zeitgemäß, entsprechen im deutschen Sprachgebrauch nicht mehr dem heutigen Menschenbild und können missverstanden werden. Sie wurden deshalb entweder gestrichen oder durch neue Formulierungen ersetzt. So wird beispielweise Pippi Langstrumpfs Papa jetzt als ‹Südseekönig› bezeichnet, der die ‹Taka-Tuka-Sprache› spricht.» «Furor politischer Korrektheit», schimpfte ein Journalist in der Tageszeitung «Die Zeit». Schließlich: In der Literatur müsse erlaubt sein, was in der Realität verpönt sei. Die Erwachsenen würden Probleme in etwas hineinprojizieren, wovor sich Kinder nicht fürchten würden, bekam der Autor dabei Schützenhilfe von einem Entwicklungspsychologen, «schablonenhafte Bücher» würden indes die «Fantasie» und «Kreativität» zerstören. Und überhaupt grenze das Ganze an Zensur !

 

«Es nervt, dass die Mehrheit definieren will, was ‹wirklicher› Rassismus ist und welcher unschuldig oder der jeweiligen Zeit geschuldet», übte eine (deutsch-türkische) Redakteurin des erwähnten Mediums legitimerweise Kritik. Doch endet ihr Veto  in einem tragischen Missverständnis: «Die [Begriffe, Anm.] sollten unbedingt erhalten bleiben, weil sie uns wachsam sein lassen und die Geschichte, ob es um die Kolonial- oder Einwanderungsgeschichte geht, lebendig halten.» Braucht es also verletzende, beleidigende Wörter, damit sich die Mehrheitsgesellschaft mit Rassismus und Kolonialismus beschäftigt ? Die Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo zog in einem «taz»-Interview den Vergleich: «Ich muss nicht ‹Schlampe› und ‹Hure› in

Kinderbücher schreiben, um über Sexismus zu sprechen. Warum will man krampfhaft ein Wort verteidigen, von dem angeblich jeder weiß, dass es verletzend ist ?» Dass Rassismus mithilfe seiner eigenen Mittel und seiner eigenen Sprache zu bekämpfen sei, ist nicht nur illusorisch, sondern verleugnet auch die Tatsache, dass es stets explizit antirassistische Stimmen waren (und nach wie vor sind), die durch ihre beharrliche Kritik eine Auseinandersetzung forcierten – und nicht etwa die

Existenz rassistischer Begriffe per se. Doch wie brachte es Otoo so treffend auf den Punkt: «Rassismus ist auch schädlich

für weiße Personen. Sie sind weniger bereit, empathisch zu sein. Das sieht man auch in dieser Debatte.»

 

 

Vina Yun ist u.a. Redakteurin bei migrazine.at, dem feministischantirassistischen Online-Magazin von Migrantinnen für alle.

→ migrazin.at

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