„Rosa gegen den Dreck der Welt“
Der Debutroman der Wiener Poetryslammerin Nadja Bucher sollte laut Michi Schoissengeier auf jedem Nachkästchen liegen.
Ja, mit Rosa ist das so eine eigene Sache, ihr Wissen in umwelttechnischen Fragen ist mehr als beeindruckend, ihre Art und Weise in fremden und doch schon so vertrauen Haushalten zu putzen wirkt zum einen übergriffig und zum anderen so gewissenhaft und genau, dass der Wechsel zwischen »So eine Putzkraft such ich schon lange.« bis hin »Nur über meine Leiche!« laufend den Lesefluss begleitet. Vielleicht ist es einmal gut, nicht gleich mit »dem Putzlappen in die Wohnung zu fallen« sondern die Sache systematisch zu beginnen. Also wer ist Rosa? Rosa ist optisch unauffällig, eine dünne Frau, ohne Hüften und Busen, Anfang vierzig. Rosa schminkt sich nie. Ihre Kleidung ist zweckmäßig organisch und durchwegs mittels Direktvermarktung von heimischen Erzeugerinnen erstanden. Zur Arbeit trägt sie in der kühlen Jahreszeit eine ältere, dunkle Hanfhose mit geradem Schnitt, Leinenhemden, darüber Wollpullover und Walkjanker und wenn dies alles indiskutabel ist, verwendet Rosa sie als Putzlappen und kauft sich neues Gewand, das exakt so aussieht wie das alte.
Ja, das hört sich nach langweiliger Ökotante an und ja, das stimmt auch, zumindest zum Teil. Rosa zeigt uns auch Seiten, die sich weit weg vom Alltagsgrau finden und gibt uns Einblicke in die Abgründe des Lebens, die wir von uns selber allzu gut kennen und nicht immer mögen. Sie nimmt uns bei der Hand und wir marschieren gemeinsam durch ihre Arbeitswoche als selbständiges Einfrau-Kleinunternehmen. Zum Beispiel am Montag 9 Uhr Familie Gulmbrich, da gibt es so eine Sache mit den Zierkissen, die in so einer Menge das Sofa belagern, dass kaum Platz ist, dieses zu benützen. Oder Herr Novotny, ein Beamter im Lebensministerium, der ein ausgeprägtes Faible für seine Modelleisenbahn entwickelt hat und für Fertigprodukte, die er in der Mikrowelle aufwärmt, zum absoluten Leidwesen von Rosa. Die neue Auftraggeberin Hatschek, Rosas Phantom, die ihr das Geld regelmäßig auf den Marmortisch legt, aber selbst nie anwesend ist, bringt Chaos in Rosas gut durchstrukturierten Alltag. Nadja Buchers Debütroman strotzt vor Wortwitz und geschickten Übergängen. Zwischendurch, fein verpackt, bekommen wir gut recherchierte Informationen über Umweltsünden, die uns neu zum Mülltrennen motivieren. Der 207 Seiten starke Text würde sicher noch an Ausdrucksstärke gewinnen, wenn die Wiener Poetryslamerin Nadja Bucher höchstpersönlich auf dem Nachtkastl sitzt und vorträgt und die Geschichte vor dem letzten Kapitel »Aus« aus wäre.
Nadja Bucher, Rosa gegen den Dreck der Welt, Milena Verlag 2011, ISBN 978-3-85286-203-3, 220 Seiten, EUR 16,90