Rainer Krispels Roman „Der Sommer als Joe Strummer kam“ hat Gabriele Kepplinger für Sie runtergeladen und gelesen.
“Elvis hat mich zuerst gegrüßt.” Nicht Presley sondern Costello. Gustav, der Protagonist von Rainer Krispels Roman “Der Sommer als Joe Strummer kam”, lernt ihn und die Pogues 1985 beim Vienna Folk Festival kennen. Das Interesse gilt aber nicht nur der Musik, sondern auch der Bassistin Cait, in die Gustav “Absolut fucking unsterblich!” verliebt ist. Humorvoll, mit viel Ironie und einer guten Portion reflexiver Weisheit verdichtet der Erzähler die Geschichte von Gustav über vier Jahrzehnte. Familie, Lehrerinnen, Stellungskommission, Polizisten. Erste Texte, die erste Band, Konzerte, die man nie vergisst. Die Kapu als Raum fürs eigene Tun. Wo die internationalen musikalischen Vorbilder hautnah sind, aber auch die Linzer Bands ihr Profil schärfen. Mit Punk finden Gustav und seine Freunde eine befreiende Sinnstiftung, eine treibende Kraft für Orientierung und Widerstand. Das Unbehagen mit Autoritäten oder repressiver Staatsgewalt wird in Formeln wie “Anger is an energy” umgepolt in eigene Produktivität. Eine Band zu gründen ist unausweichlich. Ob man spielen kann, ist nicht Thema. Artikulieren ist wichtiger. Musikausübung und artverwandte Tätigkeiten bleiben existentieller Bestandteil des Lebens von Gustav, auch wenn im Laufe der Zeiten sich ganz normale Abgründe auftun. Beziehungsfragen, Band-Disziplin, Tournee-Müdigkeit, aber auch die argwöhnisch beobachtete Entwicklung der Musikszenerie zur Event- und Konsumkultur. Und um die Vierzig sind die ersten Begräbnisse zu absolvieren. Precious moments aus der “Punkerei” helfen über die düsteren Zeiten hinweg und Musik bleibt der Schlüssel zur Lebendigkeit. Am Ende hat man aber fast das Gefühl, dass Gustav jetzt schnell aus der Geschichte heraus will. Nicht um sie zu verlassen, sondern um sie wieder neu zu beleben. Einmal Punk immer Punk. Die Geschichte von Gustav ist trotz literarischer Verdichtung unverkennbar die des Autors selbst. Authentisch und wortreich erzählt von einem, der mitten drin war und ist. Die Sprache scheut den Alltag nicht. Und fließt wie ein Songtext. Durchflochten von englischen Phrasen, die den Punk zum Klingen bringen. Die Story flutscht runter wie Bier an der Bar und ist nach der Musikdoku “Es muss was geben” ein weiteres Highlight der Linzer Alternativgeschichte. Erhältlich ist der Roman als e-book und als audio-book. Wer gerne horcht, dem sei Krispels spoken word sehr empfohlen. Das pdf-Lesen ist gewöhnungsbedürftig. Allerdings: Mit dem Laptop auf der Couch und connected ins Netz kann man alles recht schnell nachhorchen.
www.mcpublish.com/rainerkrispel-der-sommer-als-joestrummer-kam-pdf.html
Gabriele Kepplinger ist Programm-Geschäftsführerin bei dorf tv und gelegentlich Musikerin.