Pamela Neuwirth hat für Sie die Diplomarbeit von Martin Böhm und Katharina Siegl zum Thema „Arbeitsmarkt Kultur” gelesen.
„Wer wird Millionär? … 40-Euro-Frage, denn die Antwort fällt nicht schwer … wer lebt prima oder eher prekär?” singen Britta.
Eine ausführliche Antwort auf die 40-Euro-Frage liefert eine Studie, die sich mit der Situation von Kulturarbeiterinnen in Linz beschäftigt. Wird im Song das schöne Leben der Bohème lakonisch besungen, so entzaubert auch die Theorie jene damit verbundene Romantik. Es beginnt schon mit dem sperrigen Begriff ”Arbeitskraftunternehmerin”, der auch im kulturellen Arbeitsfeld Gültigkeit hat. Die Arbeitskraftunternehmerin wird als neuer gesellschaftlicher Leittypus in kapitalistischen Gesellschaften bezeichnet. Abgeleitet wird das von Entgrenzungsprozessen im Bereich der Arbeitskraft, welche die Soziologie unter dem Terminus Neue Selbstständigkeit beobachtet. Ein weiterer Bezugspunkt stellt für die Autorinnen der Begriff dar, welcher sich jedoch stärker auf den institutionellen Rahmen von Erwerbstätigkeit bezieht, während ersterer das Ausmaß der Subjektivierung von Erwerbstätigkeit meint.
„… und dann unsere Geistesgaben, kommen gar nicht mehr zum tragen, weil wir schon seit jungen Tagen so gar keinen Ehrgeiz haben, unsere Haut zu Markt zu tragen”
Die Studie wurde entlang zweier Leitlinien designt: es werden die Bedingungen öffentlich geförderter Kulturinstitutionen und die Kultureinrichtungen des dritten intermediären Sektors erhellt; und darüber hinaus Handlungsoptionen für diese aufgezeigt. Jedoch, die Situation der Erwerbstätigen im Kunst- und Kulturbereich ist der zentrale Korpus. Um die Herausforderungen von Kulturarbeiterinnen/Creative Industries in der flexiblen Arbeitswelt aufzuzeigen, führten die Autorinnen Expertinnenund Problemzentrierte Interviews durch. Dimensionen des Forschungsdesigns sind Fragen der Subjektivierung (Arbeitskraftunternehmerinnen) und des Einkommens (Prekariat); dafür wurden diese Daten mit anderen Studien in Vergleich gesetzt und die Einkommenssituation der Befragten mit der anderer Erwerbstätiger verglichen. Zudem werden Karriereverläufe (Tendenz zur Verbetrieblichung der Lebensführung), Erwerbsorientierung, wie auch genderspezifische Muster untersucht. Kulturberufe beruhen auf bestimmten ahmenbedingungen: am Beispiel der Subjektivierung zeigt sich, wie die Aspekte zeitliche Ressource und Einkommenssituation, diese vorantreiben und, dass mit derartigen Subjektivierungsregimen Chancen Dezentralisierung/Autonomie), aber auch Risiken (Selbstausbeutung) verbunden sind. Das ambivalente, wie differenzierte Resümee der Studie: Arbeitskraftunternehmerinnen gelten als Pioniere, die zwischen Freiheit und Unsicherheit oszillieren. Aber „Ich hab ja keine Angst, nur manchmal frag’ ich mich: ist das noch Bohème oder schon die Unterschicht?”
Böhm Martin, Siegl Katharina, 2009: Arbeitsmarkt Kultur. Eine Annäherung in Theorie und Praxis am Beispiel der Stadtregion Linz. Diplomarbeit. Johannes Kepler Universität Linz. PDF zum Download