Insel der Seeligen

Oberösterreichs Kulturpolitik nach Ansicht von Udo Danielczyk .

 

„Oberösterreich zeigt wieder einmal, wo’s kulturpolitisch langgeht“, formuliert der designierte Leiter des Kulturamtes der Stadt Villach, Gerald Gröchenig, in seinem Beitrag über das Festival der Regionen ab Seite 12 der vorliegenden Ausgaben des „kunstfehler“. Gerald Gröchenig führt im Artikel aus, warum er dieser Meinung ist:

„Das Festival der Regionen wird auch heuer wieder zu Diskussionen führen. Kunst, über die nicht mehr diskutiert wird, verliert ihre Existenzberechtigung. Oder es handelt sich um Denkmalpflege.“ Wer so spricht, heißt Josef Pühringer, gehört der ÖVP an und ist seines Amtes Landeshauptmann von Oberösterreich. Man möge gerne all die Moraks, Schausbergers, Van der Staas und wie sie alle sonst noch heißen, ein paar Tage mit diesem Manne in einen Raum sperren.“ (aus: Gerald Gröchenig: Die Kunst der Feindschaft; Kunstfehler Juni/Juli 03).

Gröchenigs Zitate stehen hier nur exemplarisch für eine weit verbreitete und oft gehörte Meinung über die kulturelle und kulturpolitische Situation in Oberösterreich, das von außerhalb betrachtet gerne als kulturelle Insel der Seeligen dargestellt wird. Die KUPF als (kulturpolitische) Interessensvertretung gemeinnütziger Kulturinitiativen kann dem nicht oder nur sehr eingeschränkt zustimmen, wie auch weitere Artikel und Kommentare (S. 6 – 8) in dieser und früheren Ausgaben der KUPF-Zeitung belegen. Wie es auch wieder die Diskussion der „zuMUTungen“, des kulturpolitischen Forderungskataloges der KUPF im Mai gezeigt hat. Der sich übrigens bezeichnenderweise der zuständige Kulturreferent genauso wenig stellte wie SP-Chef Erich Haider.

Diese Diskrepanz der Wahrnehmung hat sicherlich weitere Gründe: Zum einen verfolgt der „kunstfehler“, der dem Salzburger Pendant der KUPF, dem Dachverband Salzburger Kulturstätten, nahe steht, seine kulturpolitischen Ziele vor Ort, und möchte dem Land Salzburg Oberösterreich als Musterland präsentieren. Andererseits beobachtet mensch in Salzburg die hiesige Situationen ebenso wie die KUPF die in Salzburg: aus einer gewissen Distanz, und hauptsächlich die herausragenden und positiven Momente. Die täglichen Mühen der Ebene, die freie Kulturarbeit (und deren Interessensvertretung) auch in Oberösterreich zu überwinden haben, werden leicht ausgefiltert Eine Postkarte der Insel der Seeligen zeigt eben nur die schönen Seiten, die Kurzvisite führt auch nicht überall hin.

Oberösterreich hat zweifelsohne bis Mitte/Ende der 90er Jahre eine positive Entwicklung der freien Kulturarbeit zugelassen, zu der auch ein Festival der Regionen und der KUPF-Innovationstopf gehören. Allerdings scheint dieser Schub vorüber zu sein. Landeshauptmann, Finanz- und Kulturreferent Pühringer freut sich schon darüber, das Kulturbudget „auf hohem Niveau zu stabilisieren“ (KUPF-Zeitung 100, S. 3), der frisch gebackene Landeskulturdirektor Mattes hält ein „Halten des Höchststandes … für bestmöglich“. Die Budgetentwicklung für Kulturinitiativen in den letzten Jahren entspricht schon nicht mehr der Entwicklung der Szene, die kaum mehr steigenden Budgetansätze für Kulturinitiativen müssen für eine steigende Anzahl von Initiativen und Projekten sowie ständig steigende Kosten reichen. Erstaunlicherweise waren in den 90er Jahren trotz Verschuldung bzw. Sanierungskurs zum Schuldenabbau auf Landesebene Steigerungen und somit Entwicklungen der Kulturszene möglich, die mit einem sanierten, schuldenfreien Landesbudget scheinbar unmöglich sind.

Die Vorreiterrolle hat Oberösterreich auch in Sachen Förderpraxis und -transparenz längst verloren. Bei mittelfristigen Finanzierungszusagen legt jetzt z. B. die Stadt Salzburg die Latte hoch: für neun Kulturstätten würden dreijährige Fördervereinbarungen getroffen, die nicht bloß Festschreibung der aktuellen Förderungen sind, sondern neben einer gemeinsam vereinbarten und dem gestiegenen Bedarf der Institutionen angepassten Förderhöhe für das erste Jahr (2004) automatische Steigerungen von 1,67% zur Indexanpassung vorgesehen sind. Ähnliche Modelle, wie die KUPF seit Jahren vorschlägt, wurden in Oberösterreich immer abgelehnt. Einen Rückschritt gibt es gar in Sachen Transparenz der Förderung: der Förderbericht über die Kulturausgaben wurde einfach eingestellt.

Kulturelle Entwicklungen im Sinne der vielen Kulturinitiativen voranzutreiben, gleicht in Oberösterreich momentan eher einem Kampf gegen Windmühlen. Die Rolle der SPÖ, die hier nur durch Abwesenheit auffällt, wäre vielleicht auch noch einmal einen Kommentar Wert.

Udo Danielczyk

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