Wir sprechen es aus

Was kann Partizipation? Wo führt sie hin? Wo kommt sie her? Die Menschen aus der Redaktion im Austausch.

Im Kapitalismus?

Wo die Stimme von einzelnen Mächtigen mehr zählt als jene der Mehrheit?

Oder die Mehrheit über machtlose Minderheiten drüberfährt?

Mit Selbstbestimmung im Kollektiv ist da nix.

Da muss alles effizient sein.

Aber Partizipation ist mühsam. 

Und braucht viel Zeit. 

Was wieder zu Unstimmigkeiten und Konflikten führen kann. 

Aber es müsste gar nicht mühsam sein.

Oder so verstanden werden.

Wenn wir schon wüssten, dass es sich auszahlt.

Halt nicht in Geld.

Vielleicht ist man am Ende sogar effizienter.

Wenn man das will.

Welche Rollen kann Partizipation in Kunst und Kultur trotzdem haben? 

Solange konsumorientierte Formen dominieren –

Wird es schwierig, ja, aber was wollen wir?

Dass Menschen Lust bekommen, etwas zu tun.

Und zwar genau so, wie sie es gerne tun wollen. 

Deswegen die sogenannten „niedrigschwelligen“ Kulturangebote. 

Keine Aufführungskunst.

Kein Publikum.

Zumindest keine Hierarchien zwischen Künstler*in und Publikum.

Wenn gar niemand partizipiert, weiß man ja auch nicht, was die denken, wollen, wahrnehmen.

Ob man selbst überhaupt ankommt, verstanden wird. 

Und das wäre ja die Grundlage dafür, dass sich das Gegenüber dazu verhält, sich überlegt, wie das für sie*ihn ist, was sie*er damit machen will.

Das bedeutet auch die Aufhebung der Trennung von künstlerischem / kulturarbeiterischem Prozess und Produkt.

Der Prozess wird zum Produkt.

Das Wie. 

Wie gearbeitet wird.

Wie es zu etwas kommt.

Oder auch: Wie man scheitert.

Wichtig ist auch das Präfix weiter-: weiterdenken, weiterentwickeln.

Aber auch das Zurückblicken als Teil des Prozesses.

Mein Problem mit dem Begriff Partizipation ist, dass ich ihn als einen Begriff der Mächtigen lese. 

Oft werden nur Meinungen angehört oder Menschen einfach über ihr Schicksal informiert. 

Dann ist nicht einmal mehr Mitsprache möglich. 

Ich würde Partizipation deshalb idealerweise nicht als Teilhabe oder Mitsprache verstehen wollen, sondern als Selbstbestimmung. Menschen haben das Recht, nach eigenem freien Willen über sich selbst und ihr Schicksal zu bestimmen. Einfach, weil sie Menschen sind. Das ist ein Grundgedanke der Menschenrechte und steht so auch in vielen Verfassungen. 

Spannend sind für mich auch die verschiedenen Ebenen, die zusammenhängen und wechselseitig füreinander Modell sein können. Zum Beispiel das Zusammenarbeiten in einem Zeitungsteam, das Arbeiten mit einer Gruppe von Besucher*innen, das Sein in einer Gesellschaft. Da kann man sich jeweils etwas voneinander abschauen, die Mechanismen sind ähnlich.

Selbstbestimmte kulturelle Tätigkeit zeigt außerdem ein alternatives Lebensmodell (zum Konsumkapitalismus) jenseits von Kunst und Kulturarbeit auf. Dadurch wirkt sie systemverändernd und nicht, wie die vorhin kritisierte Form der Partizipation, systemstabilisierend.

Partizipation ist auch eine Haltung, eine Lebensführung, für mich geht es gar nicht anders.

Man muss das halt auch irgendwie wollen.

Oder gewohnt sein.

Lernen.

Auch, dass das Menschsein komplex ist, dass einfache Antworten gar nicht so toll sind.

Vielleicht geht es genau darum: keine Antworten zu haben. 

Sich mit den Fragen und Fragestellungen zu beschäftigen.


Florian Walter und Tamara Imlinger verantworten die redaktionelle Arbeit der KUPFzeitung und gestalten interne Abläufe. Beide sind durch mehrjährige Prozesse in der Kulturarbeit, Wissenschaft, Kunst und Vermittlung in das Thema Partizipation hineingewachsen.

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