Land der Kleinformate

In Österreich gibt es keine Boulevardmedien. Boulevard, das wäre der Blick von der Straße. Wer echten Boulevard macht, sagt: Der Kaiser ist nackt. Echter Boulevard würde kritisieren, wenn die Mächtigen es sich richten. Echter Boulevard würde Watschen nach oben austeilen, nicht nach unten treten.

In Österreich gibt es nur Kleinformate. Dort stehen schaurige Berichte über Gewalttaten, aber es fällt kaum ein kritisches Wort über die Polizei. Minister*innen dürfen sich darin über sozial Bedürftige auskotzen, über deren Lebensumstände ist wenig zu lesen. Bezirkskaiser*innen können sich die eigenen Grundstücke umwidmen, doch Enthüllungen darüber sind den Revolverblättern nicht sexy genug.

Auf wessen Seite Österreichs mächtigstes Blatt steht, steckt schon im Namen. Die Krone steht für Herrschaft.

Das schärfste Schwert des echten Boulevards ist Humor: Was die Großkopferten wirklich nicht leiden können, ist bloßgestellt zu werden. Darum ist genau das die wichtigste Aufgabe des Boulevards. Er sollte hinklatschen, was sonst nur getuschelt wird: „Jö, hot de*r kan Genierer?!“

Anlass für Häme liefert die Politik genug. Ich denke an einen Kanzler, der meint, wer armutsgefährdet sei, brauche sich bloß bei McDonalds verköstigen. Trotz der Steilvorlage blieb der Boulevard zahm. Zu schwer in der Tasche liegen wohl die Inseratemillionen, zu eng ist der Draht zwischen Minister*innen, Chefredakteur*innen und Herausgeber*innen.

Unvergessen sind die SMS, die Heute-Herausgeberin Eva Dichand mit Thomas Schmid austauschte, Sebastian Kurz’ Mann fürs Grobe. Unvergessen sind die Vorwürfe der Inseratekorruption gegen die Gratisblatt-Gebrüder Fellner. Unvergessen auch H.C. Straches Wunsch, bei der Krone „zack-zack-zack“ die richtigen Leute ans Ruder zu bringen.

Zeitungen, die mit den Mächtigen packeln und ihr Geld nehmen, können niemals echter Boulevard sein. Dabei hätte Österreich Medien, die seine Politiker*innen und Wirtschaftsbosse nicht vor Spott schonen, wirklich verdient.

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