Das Format SIMULTAN ist Brückenbauer zwischen zeitgenössischer Kunst und regionaler Museumskultur. Markus Keller gibt Einblick in diese Arbeit.
Zeitgenössische Kunst und regionale Museumskultur sind die beiden Pole, die das Format SIMULTAN verbindet. Die Projektreihe strebt einen gleichwertigen Austausch zwischen kulturellen Stätten von gestern und verschiedenen künstlerischen Praktiken von heute an. Dabei soll ein gegenwärtiges Kunstverständnis mit kulturellem Geschichtsbewusstsein verbunden werden. Das Ziel von SIMULTAN ist es, einen Ausgleich zu einem tendenziell zentralen und hegemonialen Kunst- und Kulturverständnis zu schaffen und Menschen in ihrer Vielfalt für das Erleben und Verstehen von Kunst und Kultur zu begeistern.
Künstlerische Interaktionen mit Regionalmuseen: Sammlungen als Inspiration
Im Rahmen der Projektreihe SIMULTAN lassen sich zeitgenössische Künstler*innen auf Sammlungen von Salzburger Regionalmuseen ein und setzen sich inhaltlich und formal-ästhetisch damit auseinander. Die künstlerischen Interventionen und Impulse können in einer vielfältig denkbaren, analog-digitalen-hybriden Formensprache realisiert werden – wie die Klanginstallation Wellenrauschen des Salzburger Musikers und Klangbastlers Benjamin Lageder im Radiomuseum Grödig. Die aus dem reichen Fundus an Radiogeräten destillierten Klänge und Geräusche, die mittlerweile aus dem audio-visuellen Alltag weitgehend verschwunden sind, wurden von Lageder in einen elektro-akustischen Erlebnisraum verwandelt.
Das Pongauer Heimatmuseum im Schloss Goldegg zeigt ein künstlerisches Projekt, dessen Ausgangspunkt eine Eissäge aus dem 19. Jahrhundert ist: In der Installation Kubus thematisiert die Salzburger Künstlerin Beate Ronacher semantische Überlagerungen. In der ehemaligen Schlosskapelle lagert ein transparent-weißer Kubus auf Stroh, gleichsam Eisblock und religiöses Kultobjekt. Der ehemals christliche Raum wird zu einer fiktiven Pilgerstätte. In Kubus erweitert die Künstlerin die museale Sammlung um aktuelle Debatten über religiöse Zuordnung und Klima.
Revisited führt Peter Fritzenwallner zurück in seine Heimatgemeinde. In der Ausstellung im Steinberg-Thoma-Museum in Neukirchen am Großvenediger bezieht sich der Künstler auf Steinberg-Thoma, einen Knecht und Landarbeiter der Gemeinde, der in den 1950er Jahren autodidaktisch mit dem Bauen von Skulpturen aus Holz und Alltagsmaterialien begonnen hatte. Fritzenwallner entwirft Ausstellungsdisplays für eine Auswahl dieser Werke und baut in diesen Kosmos eigene Werke ein. Zwei Künstlerbiografien unterschiedlicher Generationen eines Ortes treffen in der Ausstellung aufeinander.
Benjamin Blaikner und Remo Rauscher haben in der Burg Mauterndorf für das Landschaftsmuseum Lungau ein visuelles Hörspiel entwickelt, das auf Recherchen und Interviews mit Menschen aus der Umgebung basiert. Das Hörspiel kreist um historische Themen in der Region, insbesondere um das Eisen und die Hammerwerke, und verknüpft abstrakt historische Informationen mit persönlichen, zeitgenössischen Eindrücken. Orte, Gegenstände, Interviews und Tonaufnahmen wurden unter anderem filmisch inszeniert.
In ihrer Ausstellung Wind, 1325 am Arlerhof in Abtenau präsentiert Anja Ronacher neue Fotografien, die sich auf das 14. und 15. Jahrhundert beziehen. In ihren Werken beschäftigt sich Ronacher mit der Historizität von Kulturobjekten und eröffnet kulturanthropologische und philosophische Perspektiven auf Vergänglichkeit und Menschheitsgeschichte.
Vermittlung von Kunst und Kultur — SIMULTAN-Projekte im digitalen und analogen Raum
Vermittlung und Dokumentation der SIMULTAN-Projekte erfolgen in verorteten analogen und digitalen Formaten. Dazu wird unter anderem von jeder Ausstellung ein 3D-Modell generiert und auf den Onlineplattformen der Regionalmuseen sowie auf der Webseite von periscope veröffentlicht. Die Auseinandersetzung mit den Inhalten regionaler Museumskultur und zeitgenössischer Kunst, das innovative Auftreten der Regionalmuseen, die Öffnung der Kulturbereiche zueinander, die Verbreiterung der Außenwahrnehmung beider Kulturbereiche und die Vermittlung an ein möglichst breites Publikum sind die Ziele der Projektreihe, die von der Salzburger Initiative periscope mit Unterstützung des Landes Salzburg umgesetzt wird.
Kunstverständnis und kulturelles Bewusstsein verbinden
Durch die Verknüpfung von zeitgenössischer Kunst mit dem kulturhistorischen Kontext der Regionalmuseen entsteht eine Öffnung der Wahrnehmungskanäle und eine tiefe Anbindungsmöglichkeit an die Erlebniswelt des Publikums:
Künstlerische Werke können vom Publikum einerseits in ihrer kulturellen Referenz, museale Objekte andererseits in ihrer Aktualität betrachtet werden. Im Austausch beider Bereiche wird zeitgenössische Kunst zu einem integrativen Bestandteil des kulturellen Erbes des Landes und umgekehrt das kulturelle Erbe zu einem integrativen Bestandteil der Gegenwart.