Zwischen Zeiten

Das ist die vorerst letzte Kolumne der Unvernunft. Ich schreibe sie wider die Zeit, der Zeit zuwider, weil ich vor einer Woche, einem Monat, einem Tag (genau weiß ich das nicht) zwischen Zeiten fiel und noch nicht wieder auftauchte. Eine besondere Form von crip-time, die sich verlässlich unbeständig wie eine Gletscherspalte unter mir aufzutun pflegt, mich verschluckt und mich meiner Sprache und gesellschaftlichen Anschließbarkeit entreißt. Eine Woche, ein Monat, ein Tag (genau weiß ich das nicht) ohne zu sprechen, ohne Nachrichten, ohne Kontakt und dann der Vermerk in meinen Kalender: Abgabe Abschlusskolumne KUPF.

Ein anderes Mal als ich zwischen Zeiten fiel (wie viele Zwischenzeiten zwischen der damaligen und der jetzigen liegen, weiß ich nicht), schickte ich aus der Zwischenzeit ein Manuskript an einen Verlag. Zurück in der Zeit fand ich jedoch keine E-Mail in meinem Postausgang. Manchmal dachte ich seither: Was das wohl für ein Manuskript war? Und wohin es wohl geschickt, ob es wohl gelesen wurde? Und dann, vor einem oder 2 oder 5 Jahren (genau weiß ich das nicht), kam eine Nachricht an meine E-Mail-Adresse: Wegen Inaktivität wird das ver-nüpfte E-Mail-Konto deaktiviert. Ich habe 3 Tage, mich erneut einzuloggen und das Konto zu reaktivieren. Und so fand ich diesen Account aus Zwischenzeiten mit drei Antworten von dem Verlag: «Vielen Dank! Sehr gerne nehmen wir das Manuskript in unser Programm auf, gern ins nächste.» Angehängt ein Vertrag. Dann: «Leider haben wir noch nichts von Ihnen gehört, wir haben immer noch Interesse an dem Manuskript». Ich antworte: «Wie schön! Sehr gerne.» Doch die E-Mail-Adresse des Verlags gibt es nicht mehr. Zwischen den Mails sind 10, 12, 15 Jahre vergangen (genau weiß ich das nicht).

Manchmal frage ich mich, wieviele beHindert_verRückten Worte, Bilder, Welten in Gletscherspalten zwischen Zeiten, Barrieren und Unwortbarkeiten verschwinden. Ob sie darauf warten, als Fossilien in ferne Epochen zu reisen? Und ich frage mich, was mich erwartet, ‹danach›, nach dieser jetzigen vorübergehenden Zwischenzeit, nach dieser Kolumne. Vielleicht werde ich mich selbst auf archäologische Suche machen, nach Splittern, nach Worten, nach Spalten und werde graben.

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