Die neue Kulturlandesrätin und Landeshauptmannstellvertreterin Martina Berthold zeichnet im Interview mit Susanne Lipinski vom Dachverband Salzburger Kulturstätten eine positive Zukunft für die Salzburger Kulturlandschaft.
Lipinski: Liebe Martina Berthold, kam Ihre Berufung zur Kulturlandesrätin überraschend?
Berthold: Ja, es war absolut unerwartet. Ich war Stadträtin (Anm.: für Bauwesen) in der Stadt Salzburg, in einem Ressort, das mich sehr gefordert und mir auch viel Spaß gemacht hat. Mit der gleichen Begeisterung nehme ich jetzt die neuen Themen an, weil ich einfach gern arbeite und es mir sehr wichtig ist, dass etwas weitergeht.
Den Medien entnahm ich unter anderem, dass Sie sich für gerechte Einkommen im Kunst- und Kulturbereich einsetzen wollen. Der Fair Pay-Plan steht ja.
Definitiv. Wir werden Schritt für Schritt die Fördergelder erhöhen müssen, damit wirklich faire Löhne gezahlt werden. Hier hat mein Vorgänger Heinrich Schellhorn hart verhandelt und das ist gut auf Schiene.
Stichwort Teuerung und Energiekrise: Wie können unsere Kultureinrichtungen konkret für ihre erhöhten Kosten ansuchen?
Es gibt verschiedene Unterstützungsmaßnahmen. Für Kultureinrichtungen gibt es die Möglichkeit, bei Energiekosten, zum Beispiel auf Stadtebene, unter den Energieschutzschirm der Stadt zu schlüpfen. Die Kulturabteilung des Landes ist engagiert dabei, die Ansuchen und Förderungen sehr rasch auszuzahlen. Peter Gutschner und sein Team sind hier die Garanten, dass wir gemeinsam gut durch diese schwierige Zeit kommen.
„Wir haben 300.000 EUR
für faire Löhne und Honorare
für freie Künstler*innen vorgesehen.“
Salzburg hat eine Vorreiterrolle. Als einziges Bundesland in Österreich wurde ein Fair Pay-Prozess eingeleitet. Angestellte Kulturarbeiter*innen werden seit einem Jahr fairer entlohnt. Derzeit läuft der schwierigere Prozess für Freie Künstler*innen, müssen sie einfach warten?
Im Laufe des Jahres werden für den zweiten Fair Pay-Schritt Kriterien erarbeitet. Wir haben 300.000 EUR im heurigen Budget dafür vorgesehen, dass – nach den angestellten Mitarbeiter*innen im Kunst- und Kulturbereich – jetzt auch den Künstler*innen, den Selbständigen, wirklich faire Löhne und Honorare bezahlt werden können.
Ihr Ressort ist vielfältig: Soziales und Pflege, (Volks-) Kultur, Klima und Umweltschutz sowie Gewerbe. Wie ist dabei die Gewichtung? Hat die Kultur genügend Raum?
Es sind vier wichtige, große Bereiche, die für mich gleichberechtigt nebeneinander stehen. Natürlich gibt es in Krisenzeiten einen zeitlich befristeten Schwerpunkt, aber die Kultur ist mit einem guten Budget ausgestattet. Wir werden heuer die Förderungen für Stipendien erhöhen und haben ein neues Projekt gestartet – Miteinand –, in dem Kunst- und Kultureinrichtungen gemeinsam mit Bildungs- oder Sozialeinrichtungen Projekte einreichen können. Viele, viele verschiedene Initiativen sind für eine vielfältige Kultur auf dem Weg.
Wie funktioniert die neue Förderschiene Miteinand?
Es gibt drei Preise, die 6.000 bis 7.000 EUR wert sind. Dabei geht es darum, wirklich zwischen Kultureinrichtungen und anderen Einrichtungen des Landes zu vernetzen, z. B. Bildungs-, Sozialeinrichtungen, Wissenschaft und Forschung. Eine vernetzte Kulturlandschaft soll weiter gestärkt werden.
„Mir geht es darum,
dass wir die Kulturen
nicht gegeneinander ausspielen.“
Eine kleine Fangfrage: Ist die zeitgenössische Kultur in Salzburg zuhause, mit all dieser Hochkultur, die wir hier haben?
Mir geht es darum, dass wir die Kulturen nicht gegeneinander ausspielen. Jeder Kulturbereich hat seine Berechtigung, jeder Mensch seine Schwerpunkte. Von dieser Vielfalt lebt Salzburg auch. Wir haben den Schatz der Salzburger Festspiele. Wir haben genauso die Schätze der freien Kultur, der Jugendkultur und die vielen, vielen Einrichtungen und Initiativen am Land. Da braucht es oft einen langen Atem, aber das, was die engagierten Menschen umsetzen, ist faszinierend. Dafür möchte ich ein riesengroßes Danke sagen.
Das Land als Gebietskörperschaft muss die zeitgenössische Kultur fördern. In den Kommunen ist dies nicht so. Kann man das irgendwie ändern?
Die Gemeinden sind selbständig in ihrer Entscheidung. Das würde ich sicher nicht über die gesetzliche Ebene machen, sondern da muss Überzeugungsarbeit geleistet werden. Es gibt sehr gute Beispiele, wo Bürgermeister*innen erkennen, welchen Schatz sie haben, wenn sie Kultureinrichtungen fördern.
Was bedeuten die Landtagswahlen im April 2023 für Ihre Arbeit?
Das heißt für uns wieder eine Zäsur: zu schauen, wie viele Stimmen wir schaffen können und wie es dann weitergeht. Ich finde es einfach wichtig, dass sich die Kunst- und Kulturpolitik, die wir haben, aber auch die Energie- und die Klimapolitik weiterentwickelt. Daran werden wir in den nächsten Monaten sehr, sehr aktiv weiterarbeiten.
„Ich spreche ganz bewusst
im Bereich der Volkskultur
von Volkskulturen.“
Was wünschen Sie sich für die Freie Kulturszene, was interessiert Sie thematisch oder was kann und soll
die Freie Kulturarbeit im Land Salzburg leisten?
Sie soll bitte weiterhin so bunt und vielfältig sein und sich nicht an begrenzten Normen orientieren. Kreativität und Kunst sollen sich frei entfalten können. Wichtig finde ich, und da sind wir wieder beim Geld, dass wir gut in der Absicherung der Gehälter vorankommen. Fair Pay ist für mich ein riesengroßes Thema. Männer und Frauen sollen im Kunst- und Kulturbereich gleichberechtigt werden und kulturelle Vielfalt darf nicht zu kurz kommen. Ich spreche ganz bewusst z. B. im Bereich der Volkskultur von Volkskulturen, weil es nicht nur darum geht, Muster zu reproduzieren, sondern auch darum, dass sich das Kulturleben in der Breite entfalten kann.
Die GRÜNE Politikerin Martina Berthold ist seit November 2022 Landeshauptmannstellvertreterin und Kulturlandesrätin in Salzburg Land. Sie war Sprecherin der Grünen Frauen, bevor sie in den Landtag wechselte. Von 2019–2023 war sie Stadträtin für Umwelt und Bau in der Stadt Salzburg.
Der Dachverband Salzburger Kulturstätten ist die kulturpolitische Interessenvertretung von derzeit 79 autonomen Kulturvereinen in Stadt und Land Salzburg.
→ kultur.or.at