Kulturpolitik trifft Motorrad

Der Rechnungsabschluss des Landes Oberösterreich brachte Ernüchterung: Trotz Protesten, trotz Zugeständnissen, trotz verfügbarer Mittel wurde das Förderbudget für zeitgenössische Kunst und Kultur im Vergleich zum Vorjahr um gesamt 2,4 Millionen € gekürzt. Dies ist der drastischste Einschnitt in der Geschichte der Budgetanalysen der KUPF OÖ und hat Oberösterreichs Kulturland massiv beschädigt. Gleichzeitig hat das Land OÖ begonnen, Wirtschaftsunternehmen Kulturförderungen in Millionenhöhe zuzusagen.

Wir erinnern uns: Im Herbst 2017 wurde erstmals publik, dass das Land OÖ massive Kürzungen bei den Kulturförderungen plant. Die von der KUPF OÖ und weiteren Kulturverbänden angesetzte Petition „Rettet das Kulturland OÖ“ wurde innerhalb weniger Wochen von mehr als 17.000 Personen unterzeichnet. Trotz der breiten Kritik von Kulturschaffenden, Künstler*innen, des Landeskulturbeirats und einer breiten Bevölkerung wurden die Kürzungen im Dezember im Landtag unverändert in vollem Umfang beschlossen.

In Folge wurden zwei runde Tische mit dem Landeshauptmann und dem Landeskulturdirektor organisiert. Dort haben die KUPF OÖ und die Interessenvertretungen IG Bildende Kunst, IG Freie Theater, die Grazer Autorinnen Autorenversammlung und die Hochschüler*innenschaft Kompromissvorschläge und einen Pakt zur Sicherung des Kulturlands OÖ vorgelegt. Dieser beinhaltete konkrete Maßnahmen zur Sicherung der kulturellen Infrastruktur, zum Erhalt und Ausbau der kulturellen und künstlerischen Qualität und zum Erhalt der kulturellen Vielfalt und Erweiterung des kulturellen Angebots. Auf das Budget bezogen wurde eine schrittweise Erhöhung des Förderbudgets um 5,2 Millionen € gefordert.

Differenz verfügbare Budgetmittel zu Rechnungsabschluss 2018

Doch alle Bemühungen der KUPF OÖ um konstruktiven Dialog mit Politik und Verwaltung waren ergebnislos: Obwohl das Förderbudget 2018 für zeitgenössische Kunst und Kultur bereits um 1,2 Millionen € gekürzt wurde, wurden im abgelaufenen Jahr weitere 200.000 € des Budgets einfach nicht ausbezahlt. Doch nicht nur das: Trotz Zusagen des Landeshauptmanns Stelzers und des Landeskulturdirektors Kräters an die Interessenvertretungen beim runden Tisch wurden Rücklagen in Höhe von 1 Million € aus der Förderung abgezogen und damit den Künstler*innen und Kulturvereinen vorenthalten.

Mehrausgaben im Rechnungsabschluss gegenüber dem Voranschlag 2018

Dass die fortwährende Kürzung der Förderung zeitgenössischer Kunst und Kultur keinen budgetären Zwängen folgt, sondern Ausdruck eines politischen Willens ist, zeigt sich an anderen Stellen im Budget. Denn abermals haben die öffentlichen Einrichtungen ihre Budgetzahlen deutlich überschritten, diesmal gleich um 5,2 Millionen €. Die Vorgaben des Budgets gelten offensichtlich für das Land OÖ nur dort, wo es selbst nicht betroffen ist. Wie soll man einem Kulturverein erklären, dass eine Kürzung seines Vereins zwingend notwendig war, während das Land OÖ bei seinen eigenen Institutionen Millionen an ungeplanten Mehrausgaben ausweist?

Ein weiterer Budgetposten sorgte medial für Aufmerksamkeit: Wie die KUPF OÖ aufdeckte, hat das Land OÖ der Firma KTM eine Millionenförderung aus dem Kulturressort zugesagt. Je mehr Details zu diesem mittlerweile #KTMgate getauften Skandal auftauchten, desto größer wurde der Aufschrei der Kulturszene: Eine angebliche Prüfung durch den Museumsverbund fand nie statt; laut KTM-Chef Pierer werde die Motohall für primär interne Zwecke genutzt; angebliche einstimmige Regierungsbeschlüsse gab es nie; Förderanträge wurden geheim gehalten. Den vorläufigen Höhepunkt zu dieser Causa haben wir einer Analyse des renommierten Museumsexperten und Vorsitzenden des oberösterreichischen Museumsverbundes Dr. Sandgruber zu verdanken. Dieser urteilte nach eingehender Begutachtung in einem Gastkommentar in den OÖN: „Natürlich ist die Motohall kein Museum. Sie ist auch keine Kulturhalle. Sie ist der Präsentationsraum eines erfolgreichen Unternehmens.“

Die KUPF teilt diese Einschätzung und hat den Landesrechnungshof um eine Prüfung dieser Förderung gebeten, der diese bereits zugesagt hat. Denn sowohl formale als auch inhaltliche Aspekte sprechen dafür, dass hier das oberösterreichische Kulturförderungsgesetz ignoriert wurde. Die Folge kann aus Sicht der KUPF nur eine Rückzahlung der Förderung an das Land sein.

Pikantes Detail am Rande: Die Industriellenvereinigung OÖ, deren Vizepräsident KTM Chef Pierer ist, hat sich in der Vergangenheit immer wieder für die massive Kürzung der öffentlichen Kulturförderung eingesetzt. Ob sie diese Position nun revidiert, war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Relative Entwicklung des Förderbudgets und der öffentlichen Träger seit 2001

ÖVP Landeshauptmann und Kulturreferent Thomas Stelzer hat mit seiner Politik der letzten beiden Jahre Oberösterreichs Kulturszene massiv geschwächt und in Folge auch das kulturelle Angebot für seine Bevölkerung reduziert. Und das ohne Not, in Zeiten wirtschaftlicher Hochkonjunktur und von budgetären Millionenüberschüssen. Die KUPF hat sich nach den öffentlichen Protesten rund um Kulturlandretten nun eineinhalb Jahre bemüht, hinter geschlossenen Türen am Verhandlungstisch Lösungen zu finden. Doch es zeigt sich, dass das Land Oberösterreich trotz des freundlichen Gesprächsklimas zu keinen Zugeständnissen für Oberösterreichs Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen bereit ist.

Die logische Konsequenz ist, dass wir als Interessenvertretung wieder verstärkt die öffentliche Auseinandersetzung suchen müssen. Die nächste Kampagne ist schon in Planung.

Dieser Text wurde für die Printversion gekürzt.

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