Spekulationen über eine Geheimmission in Brüssel
Als weiterer Meilenstein hin zur Kulturhauptstadt 2009 wird wohl eine Präsentation am 14. April 2005 verbucht werden. Eine achtköpfige Delegiertengruppe – darunter u.a. Gerfried Stocker, Reinhard Mattes, AK-Kultursprecherin Elfi Sonnberger als Vertreterin der Freien Szene – rund um den Linzer Kulurreferenten Erich Watzl versuchte eine siebenköpfige Jury in Brüssel von der kulturhauptstädtlichen Kompetenz, Bereitschaft und überhaupt von der Würdigkeit der Landeshauptstadt Linz zu überzeugen.
Was wurde präsentiert?
Bis zu diesem wohl glorreichen Tag durfte angenommen werden, Linz hätte für ein Kulturhauptstadtprojekt kein klar ersichtliches Konzept. Ständige Verweise auf eine kommende Intendanz, ein äußerst allgemein gehaltenes Bewerbungspapier sowie ein allgemein wettbewerbsloser Zustand, in dem sich die Stadt befand, wurden hier des öfteren ins Trefffen geführt. Kurz: Es brodelte den Herren in Brüssel noch zu wenig. Damit sollte nun endgültig Schluss sein. Die Jury wurde von der minutiös geplanten Präsentation der Linzer Delegation restlos überzeugt, wie es heißt, so dass die endgültige Entscheidung des EU-Ministerrates im September nur mehr eine Formalie darstellen werde. Ein wahrhaft durchschlagender Erfolg also. Aber wovon wurde die Jury überzeugt? Und vor allem: Was wurde in Brüssel präsentiert?
Unter Ausschluss
der (kulturellen) Öffentlichkeit erfolgte Anfang April ein interner Aufruf Projekte – von europäischer Dimension versteht sich – für das Kulturhauptstadtjahr einzubringen. Wer wurde aufgefordert? Wer wusste davon? Die im Kulturentwicklungsplan und in den Bewerbungsunterlagen so wichtige Freie Szene und deren ProponentInnen vermutlich nicht. Und so verwundert es kaum, dass bei der Präsentation ausschließlich Vorhaben kultureller Top-Glocal-Players Eingang fanden, darunter ein schwindelerregender Ausbau des Ars Electronica Centers, ein Aussichtsturm an der Donaulände, eine gigantomanische Spektakel-Klangwolke oder überhaupt und ganz wunderbar eine mobile Karaoke-Station. Fragt sich nur, welche Projekte aus dem Top-Secret Papier, das in Brüssel präsentiert wurde, tatsächlich realisiert werden. Das sei, um das alte Spiel wieder heraufzubeschwören, Sache der Intendanz.
Und hier mehren sich nun mit Verweis auf die Vorgehensweise bei der Besetzung der Ars Electronica Direktion 2004 die Unkenrufe, die behaupten, dass sich eine Bewerbung soundso nicht lohne, da die Wahl der Intendanz ein politisch abgekartetes Spiel sei. Aber ich will weder eine Verschwörungstheorie oder gar Paranoia schüren, sondern Erich Watzl und seiner Delegation zum Brüsselschen Erfolg gratulieren.
Andre Zogholy