Change the rules!

Stefan Haslinger und Katharina Wagner machen sich Gedanken zur Ausschreibung des neuen KUPF Innovationstopf ‘04

 

Das Spektakel unterjocht sich die lebendigen Menschen, insofern die Wirtschaft sie gänzlich unterjocht hat. (Guy Debord , Die Gesellschaft des Spektakels)

Reden wir von Strukturen! Reden wir von Bedingungen, unter welchen wir zu agieren haben! Reden wir von berechtigter Kritik an Stagnation, und reaktionärer Bürgerlichkeit! Reden wir von Umgestaltung und Provokation!

Es herrscht Resignation im Kulturbetrieb. Mediale Beachtung findet nicht mehr die kontinuierliche Arbeit, sondern das kurze Event, das pompöse Spektakel. Beachtung von der Öffentlichkeit (und der öffentlichen Hand) findet das „Außergewöhnliche“, oder das, was sie dafür halten. Kontinuität wird mit Stagnation gleichgesetzt und dafür verdammt. Zwingt nun der Innovationstopf 04 die EinreicherInnen in das Korsett der Eventkultur? Wird die Zuspitzung auf den temporären Effekt gefordert, ohne die Frage nach den Auswirkungen und der Nachhaltigkeit zu stellen?

Der IT 04 fordert Auseinandersetzung. Der IT 04 fordert aber vor allem die Auseinandersetzung mit Bestehendem. Und nicht nur die Auseinandersetzung! Vielmehr wird die Umdeutung, die Reformulierung des Bestehenden gefordert. Der „Space for radical Openness“1 ist nicht auf Raum im engeren Sinn beschränkt. Jener space sind die Grenzen, Grenzgebiete, soziale und ökonomische Strukturen und real existierende Räume, deren Zuschreibungen und Bedingungen hinterfragt, geändert, oder gesprengt werden sollen. Gerade das Erstarken der bürgerlichen Reaktion, des New Patriotism, und der systemerhaltenden Bewahrungsliebe innerhalb des neoliberalen Gefüges, erfordert es Gegenmodelle zu entwickeln.

Gegenmodelle, die aktiv gegen gesellschaftliche Barrieren, und für den freien Zugang zu Räumen – im gesamten Spektrum ihrer Bedeutung – arbeiten. Das erfordert das Hinterfragen der bestehenden Strukturen, das erfordert die Etablierung von Gegenöffentlichkeiten. Es erfordert das Bewusstsein und -werden um die Rahmenbedingungen, die den Aktionsradius für freie Kulturarbeit definieren. Änderungen der Rahmenbedingungen soll hier als weiteres Schlagwort bzw. Kampfbegriff stehen! Der IT 04 versteht sich durchaus als Kampfansage an die bestehenden Strukturen.

Aber nicht nur an die von oben Diktierten, sondern vor allem an die selbstgemachten, einzementierten, welche oft unreflektiert den Status Quo der eigenen Arbeit bilden. Wo und wie schaffen AktivistInnen der freien Kulturarbeit unüberwindbare Barrieren? Wo ziehen sie die Grenzen? Wo ist die geforderte Radikalität im Umgang mit den Strukturen? Wo findet sich diese in der KUPF?

Fragen, die zum Nachdenken einladen sollen! Fragen, die den Ist-Zustand freier Kulturarbeit beleuchten sollen! Der Innovationstopf 04 stellt Forderungen! Forderungen, die als immanenter Bestandteil freier Kulturarbeit anzusehen sind: Findet neue Räume! Definiert die Grenzen um! Sprengt die Grenzen! Besetzt den öffentlichen Raum! Erklärt euch zur Bewegung wider die Kommerzialisierung! Setzt aktive Solidarität als Zeichen! Schafft ein, zwei, viele Gegenöffentlichkeiten! Und! Baut euch die Räume der radikalen Offenheit!

Auch in der Abwicklung hat sich die KUPF einige Neuerungen einfallen lassen. Gender Mainstreaming wird verbindliches Kriterium bei der Einreichung, als Hilfe dient hier ein Projektplanungsinstrument namens „logischer Rahmen“ (zum Download auf der Innovationstopf-Homepage). Neben des gewohnten Angebotes der Beratung für ProjekteinreicherInnen, wird die KUPF diesmal einen fixen Beratungtermin (23. 01. 04) anbieten, wo besonders die Handhabung des logischen Rahmens erklärt wird. Um die Projekte besser als Innovationstopf-Projekte sichtbar zu machen, wird die KUPF erstmals auch vor einem einheitlichen fixen Projektstart-Zeitraumes gemeinsame überregionale Presserarbeit machen und bietet allen Projekten an, bei der eigenen Öffentlichkeitsarbeit unterstützend zur Seite zu stehen.

Stefan Haslinger Katharina Wagner

1 aus Bell Hooks ‘Yearning: Race, Gender, and Cultural Politics’ 1990

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