AI_nreichung

Magdalena Reiter und Thomas Diesenreiter über die Möglichkeiten und Herausforderungen von KI-generierten Förderanträgen.

Mit der Verbreitung von künstlicher Intelligenz sind wir in eine neue Ära des technologischen Fortschritts eingetaucht. Eindrucksvoll zeigen uns KIs, wie sie unsere bisherige Welt durch künstliche Artefakte in Form von Gedichten, Code, kulinarischen Rezepten, Fakefotos, Albumcovers oder Ähnlichem erweitern. Und immer häufiger wird diskutiert, inwiefern kreatives Schaffen durch KIs ergänzt oder ersetzt werden kann. Einige Tools sind tatsächlich so rasant niederschwellig geworden, dass sie uns im Alltag bald überall bewusst oder aber wenigstens im Hintergrund begleiten werden. Die kurz gehaltene E-Mail soll beispielsweise doch förmlicher und gleichzeitig herzlich formuliert werden? Für eine KI ein Kinderspiel und für uns in der Praxis bereits Realität, sofern wir uns trauen, auf den Button ‹KI-Unterstützung› in der Mail-App zu klicken.

Beschleunigt und demokratisch

Insbesondere ChatGPT hat es radikal vereinfacht, gut geschriebene Texte zu produzieren, die über weite Strecken fundiert klingen. Folglich müssen wir uns dringend überlegen, wie KIs auch die Förderabwicklung für kulturelle Projekte verändern wird – geht es dort geradezu immer um schnelle und überzeugende Textproduktion – und welche kulturpolitischen Perspektiven und Fragestellungen sich daraus ergeben. Die Verwendung von KIs in der Erstellung von Förderanträgen kann zu einer Demokratisierung des Einreichprozesses führen, denn KI-Tools verringern Hürden, indem sie die Schreibfähigkeiten der Antragsteller*innen simulieren oder wenigstens stimulieren. Sie könnten dadurch potentiell einer breiteren Gruppe von Künstler*innen und Kulturtätigen ermöglichen, sich um Fördermittel zu bewerben. Jedenfalls in der Theorie, denn in der Praxis könnte es auch passieren, dass wir einfach nur vor einer Verschiebung von benötigten Fähigkeiten stehen. Wer kann die KI am besten bedienen und Entstandenes in einem Mensch-Maschine-Remix verwurschteln? Wer speist sie am besten, sodass Authentisches entsteht? Wer lockt sinnvolle Argumente aus dem Bündel Code?

Unsicher

Auch für Fördergeber*innen gibt es neue Herausforderungen: Sie könnten es in Zukunft noch schwerer haben, zuverlässig zu erkennen, welche Einreichungen tatsächlich förderwürdig sind. ChatGPT und ähnliche Systeme sind ungemein fähig darin,

überzeugende, aber vor allem passende Bullshit-Bingo-Texte zu generieren. Angesichts dieser erhöhten Unsicherheit ist es erforderlich, darüber nachzudenken, wie also der Prozess der Förderabwicklung überarbeitet werden muss. Welches Projekt, welche Kulturarbeiter*in, welche Location schafft tatsächlich einen sinnstiftenden Mehrwert, welche täuscht dies nur vor – und woran erkennt man das wirklich? Um das herauszufinden, muss man die Projekte wohl in Zukunft tiefer durchdringen.

Persönlich und transparent

Eine mögliche Lösung bestünde darin, verstärkt auf persönlichen Kontakt zwischen Künstler*innen und Kulturtätigen einerseits und der Verwaltung oder Jurys andererseits zu setzen. Indem die Förderwerber*innen die Möglichkeit erhalten, ihre Projekte direkt zu präsentieren, könnten persönliche Aspekte und die Qualität der Ideen besser bewertet und diskutiert werden. Dies würde eine intensivere Beurteilung der Bewerber*innen und ihrer Fähigkeit, ihre Projekte erfolgreich umzusetzen, ermöglichen.

Damit müssen aber transparente Richtlinien und Qualitätskriterien entwickelt werden, die den Antragsprozess begleiten. Dies hilft dabei, den Fokus von der bloßen Überzeugungskraft des Antrags hin zur Qualität des vorgeschlagenen Projekts zu lenken. Fördergeber*innen sollten klare Kriterien festlegen, die über die bloße Textqualität hinausgehen und beispielsweise auch den kulturellen Wert, die Innovationskraft und die nachhaltige Wirkung des Projekts bewerten.

Die rasante Entwicklung von KI-Tools könnte den Einreichungsprozess für Förderanträge stark verändern. Sie eröffnet jedenfalls neue Perspektiven in Hinblick auf die Verbesserung eines Systems, das bislang nicht auf allen Ebenen fair und transparent ist. Nutzen wir also die Chance, uns Gedanken zu machen, welchen Änderungen wir hinsichtlich dieser disruptiven Technologie gezielt entgegentreten wollen, um Fördermittel effektiv einzusetzen, aber auch, um die kulturelle Entwicklung fair voranzutreiben. Es liegt jetzt an den Fördergeber*innen, diese neuen Abläufe zu entwickeln.

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