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Die Doku-Reihe „Auf der Flucht – Das Experiment“ auf ZDFneo sorgt derzeit für heftige Diskussionen. In der Reality-Soap begeben sich sechs gecastete Charaktere „auf eine ungewöhnliche Reise“, wie uns der Sender wissen lässt: „Sie machen sich auf den Weg in die Ursprungsländer Asylsuchender in Deutschland und erfahren am eigenen Leib, was es heißt, auf der Flucht zu sein.“ Drei von ihnen werden als „Team Irak“ in den Nahen Osten geschickt, die anderen drei reisen Richtung Eritrea und tragen fortan den Titel „Team Afrika“ (sic!). „Sie übernachten im Asylbewerberheim, in den überfüllten Flüchtlingslagern in Athen und Rom und stehen in Tunesien vor der schwierigen Entscheidung, ob sie die Fahrt auf einem Schlepperboot wagen oder das Experiment abbrechen.“
Mit diesen Worten wird die Abenteuer-Safari privilegierter Pass-Deutscher eingeläutet, strotzend vor rassistisch-kolonialistischen Klischees. Natürlich verfolgt der ZDF als öffentlich-rechtliche Anstalt nur die besten Absichten. So sieht etwa der Moderator „die Chance, mit der Sendung den Themen Flucht und Asyl ein Gesicht zu geben.“
Unter moralischen Antirassist_innen ist es eine beliebte Strategie: In die Fußstapfen der „Anderen“ zu treten soll Verständnis erzeugen, die gemachte Erfahrung Läuterung bringen. Kein Zufall also, dass „Auf der Flucht“ u.a. ein „Nazi-Aussteiger“ und eine Sarrazin-Anhängerin ausgewählt wurden, die sich fortan tränenreich in „Betroffenheit“ suhlen. Kein Zufall auch, dass es Mehrheitsangehörige sind, die den Erfahrungen der Flüchtlinge, der „Fremden“, erst durch ihr eigenes Erleben Legitimität verleihen. Deshalb ist es vor allem ihre Stimme, die gehört wird, ihre Perspektive, die zählt – und nicht die der „Anderen“.
In Medien und Blogs wurde bereits ausführlich Kritik an der Sendung formuliert: „Ein beschämendes Experiment“, „zynische Quotenjagd“ und „Sieh’s mal neo-kolonial“ heißt es da – oder knapp und präzise: „Fick dich, ZDF.“ Jedoch: Das Nachspielen des Flüchtlingsdaseins ist keine Erfindung des ZDF. „Auf der Flucht“ beruht auf dem Doku-Format „Go Back to Where You Came From“ aus Australien von 2011/12, das gar mit internationalen Preisen ausgezeichnet wurde. Übrigens ist ebendort im Juli ein Gesetz in Kraft getreten, wonach Bootsflüchtlinge keine Möglichkeit mehr haben, in Australien Asyl zu beantragen und stattdessen nach Papua Neuguinea abgeschoben werden. TV-Populismus à la „Auf der Flucht“ dient also vor allem der Selbstvergewisserung und der Schaulust – nicht der Änderung der mörderischen Wirklichkeit.

Vina Yun ist u.a. Redakteurin bei migrazine.at, dem feministisch-antirassistischen „Online-Magazin von Migrantinnen für alle“.

 

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