Tanja Araujo’s Projekt widmet sich der Begleitung, Analyse und Dokumentation des Innovationstopfes 2001. Sie beobachtet den Verlauf der neun jurierten Projekte und wird die Ergebnisse im kommenden Jahr publizieren und zur Diskussion stellen. Tanja kommt aus Brasilien und sieht diesen IT als Chance für MigrantInnen die Abläufe in der Österreichischen Kulturverwaltung kennen zu lernen. Einige ProjekteinreicherInnen bekommen das erste mal Geld für ihr Projekt, haben den ersten positiven Kontakt mit Fördergebern, machen das erste Mal das ganze Prozedere angefangen vom Unterschreiben einer Fördererklärung bis zur Subventionsabrechnung durch. Was so einfach klingt ist äußerst speziell; erinnern wir uns doch wie das damals war als wir unser erstes Subventionsansuchen geschrieben haben. Als wir die Sprache der Verwaltung kennergelernt haben, versucht haben, ihre Codes zu verstehen. Aus der Perspektive der MigrantInnen ist das auch noch um den Aspekt verschärft, das ihre Arbeit vorschnell in soziale Kontexte gestellt wird und der Schritt in die Kulturabteilungen ein relativ Junger ist. Und was gibt es langweiligeres als von einer Stelle zur anderen geschickt zu werden?
Der KUPF Innovationstopf „DA SEIN“ wollte auch diese Bereiche untersuchen, der Ehrlichkeit von Fördersystemen auf den Zahn fühlen, den Aspekt von MigrantInnenkulturarbeit hervorheben und sichtbar machen, sowie MigrantInnen als ProtagonistInnen ihrer Selbst darzustellen. Natürlich waren auch Kulturinitiativen von MehrheitsösterreicherInnen eingeladen beim IT mitzuwirken, deren Beteiligung jedoch eine sehr geringe war.
„Da sein“ nennt sich auch das Projekt des Freien Radios Salzkammergut. Ziel war und ist der Aufbau einer multiethischen Redaktion für den Sender und somit das Heranführen von MigrantInnen an dieses Medium. Dass einführende Workshops stattgefunden haben und weiterführend noch geplant sind, ist nicht das Spannende an dieser Sache. Eher der Impuls zu einen interkulturellen Dialog, den der Innovationstopf hier geleistet hat. Diese Frage des Interkulturellen Dialogs ist sicher auch eine spannend für die Zukunft der Arbeit in Kulturinitiativen. Bedarf es wirklich immer Anstöße wie Ausschreibungen um sich mit seinem engsten Umfeld ehrlicher auseinander zu setzen? Ist nicht die Situation von MigrantInnen und die Rezeption von MigrantInnen in unseren Medien der verständlichste Indikator für den Zustand unserer Gesellschaft? Ist nicht gerade das Erkennen der Ausbeutung, der Klassifizierung und Verdrängung von Menschen anderer Kulturkreise letzter Moment um als Kulturinitiative initiativ zu werden, sich solidarisch zu verhalten, aufzustehen und mit den eigenen Mitteln Räume und Strukturen zu öffnen damit diese Gruppen Platz zur Artikulation und Selbstbestimmung bekommen?
Bei Radio Fro’s MikroKulTouren – das ist deren IT Projekt – haben sich diese Fragestellungen nahezu von selbst ergeben. Seit der Jurierung von MicroKulTouren hat sich bei Radio Fro, neben intensiver Arbeit am Ars-Electronica- und Festival-der-Regionen-Projekt sowie generellem Überlebenskampf, die 2nd Genaration News herausgebildet. Jugendliche MigrantInnnen und Menschen, die in ihrer Familie jüngere Migrationsgeschichten haben, bespielen die Sendeflächen von Radio Fro, nutzen vermehrt die Strukturen wie Büro und Studio für Arbeit und Treffen, begreifen sich immer mehr als MitgestalterInnen einer offenen Struktur. Dieser Entwicklung wird auch mit dem Vorhaben Rechnung getragen, dass mit der umgebauten Stadtwerkstatt und dem dann räumlich wieder fest verankerten Radio Fro, der Sendefläche auch noch Veranstaltungs- und Kommunikationsflächen zur Seite stehen. Anhand dieser realen Entwicklungen wird das Konzept MicroKulTouren einer neuen Diskussion bedürfen und spätestens dann enden, wenn die jetzigen ProponentInnen von 2nd Generation News in ihre Vereine zurückkehren (zumindestens punktuell), und das was sie in diesem Prozess gelernt haben diskutieren können.
Diskussion und Fragen ruft auch Patrick Addai hervor. Patrick ist Schriftsteller, Geschichtenerzähler und Trommler aus Afrika, Ghana. Mit seinem neu erschienenen Buch „Ich habe den Menschen gerne, sagt der Hund“ fährt er in Schulen und erzählt von Afrika. Hier hat der IT einen kleinen Beitrag geleistet, diesem Projekt mehr öffentlichkeit zu geben. Mittlerweile ist Patrick auch auf Theaterfestivals vertreten und spielt Szenen aus seinem Buch. Im internet: [hier|http://www.theater-des-kindes/addai]
medea – [zugroast II|http://www.servus.at/artenreich] Aus der Not eine Tugend machen, heißt für Medea überall dabei zu sein, wo es Geld gibt. Jahresförderung erhält diese Medieninitiative keine. Der IT 01 fing dieses Manko zumindestens vorübergehend auf und Medea konnte ausgehend von dem Konzept „zuagroast“ aufbauen. Was anfänglich niederschwelligen Zugang zu Medienkompetenz bedeutete, bekam so eine Basis für konkrete Inhalte. Ein Team von 8 bis 10 Leuten, halb ÖsterreicherInnen halb MigrantInnen, sind nun der Kern und kommen dem Anspruch Migration einer breiten öffentliche Debatte zu stellen, sehr nahe. Die Mittel sind aus dem Feld Kunst geliehen und in Form von Aktionen, Diskussionen, Ausstellungen, Befragungen, Webseiten, Radiosendungen, … werden Geschichten aufgearbeitet, problematisiert und fassbar gemacht sowie in den öffentlichen Raum getragen. Das Schöne an dieser Sache ist die Entwicklung von einer Struktur- und Bildungsinitiative zu einer Interventionsplattform medienbegeisterter aus- und inländischer KulturarbeiterInnen. Dass Medea mit seiner Arbeit reihenweise Preise und Anerkennung zugesprochen bekommt, ist das Perfide an der Sache: Imageträchtiger Verleihungskult versus abgesicherter Jahresfinanzierung.
maiz und [transpublic|http://www.transpublic.at] polis et populus Alter Markt in Linz im Jahre 2001. Eine vormals als Blumentrog in Verwendung gewesene Abgrenzung wurde zum Maisfeld. Viele Pflanzen von jeweils einer Person eingepflanzt, liebevoll betreut, großgezogen, geerntet, gegrillt und gegessen. Gleicher Platz, andere Zeit: die Laternen sind mit Lautsprechern auffrisiert und beschallen die Umgebung mit Stimmenwirrwarr. In einem angrenzenden Raum findet sich der interessierte Mensch in einer Lesezone wieder. Der Alte Markt wurde zur Forschungszone, zur Präsentierfläche und zum Ort der Auseinandersetzung mit Kunst, Migration und öffentlichen Raum. Die Institutionen MAIZ und TRANSPUBLIC rückten einen verkommenen Platz ins Zentrum ihrer Auseinandersetzung und versuchen ihm seine ursprünglichen Funktionen zurückzugeben; der Platz als Kommunikationsraum und Treffpunkt. Ergebnisse gibt es viele, doch ist es bei diesem Projekt verfrüht von Ergebnissen zu sprechen. Das angesammelte Material zu sichten, reflektieren und in die Öffentlichkeit zu tragen, ist der letzte Schritt, der noch bevorsteht. Wahrscheinlich wird das dann eine Webpage, ein Film und ein Symposium.
In Arbeit sind auch noch die „Gedanken der Anderen“, das Filmprojekt von Asem Shehata. Asem ist ausgebildeter Regisseur und kam vor 9 Jahren von Kairo nach Österreich. Durch Jobs bei TV3, dem Linzer Lokalfernsehen, war zumindest die Gelegenheit gegeben in der Filmbranche weiterzuarbeiten. Durch den IT hatte Asem jedoch erstmals die Mittel ein eigenständiges künstlerisches Projekt umzusetzen. Die Fördermöglichkeiten beim Bund waren zwar keine Unbekannten, aber die Diskrepanz zwischen dem was beim BKA auf der Homepage steht und dem wie sie auf Ansuchen reagieren ist eine zu große als das da eine Finanzierung möglich geworden wäre. Bei diesem Projekt hat der IT auf jeden Fall auch kräftig Strukturell weitergeholfen : Asem verfügt nun über eine Produktionsplattform für Video.
Resümee : Die Arbeit zu diesem Artikel zeigte mir unabhängig von den Projekten die Vielfältigkeit der Effekte, die eine themenspezifische Förderung ausmacht. Über die direkte Kontaktaufnahme mit ProjektträgerInnen war vieles zu erfahren, auch wurde mir das Gefühl vermittelt in der Sache einiges an Öffentlichkeit erreicht zu haben. Von Außen gesehen stimmt dieses Bild jedoch nicht; zuwenig habe ich in den Medien über die laufenden Projekte gehört. Das Thematisieren und Bearbeiten von gesellschaftlichen Zuständen war ein spannender Aspekt des letzten IT’s, spannend auch, dass solche Auseinandersetzungen gerade im Bereich der Migration nun vermehrt auch von Kulturinitiativen aufgegriffen werden.
P.S: Alle Projekte sind hier nicht abgehandelt, einige steuern erst auf ihre Realisierung hin.
Andi Liebl