Hannes Hofbauer , Historiker, Journalist und Verleger aus Wien, zeichnet die Tragödie am Balkan nach.
Der 24. März 1999 markierte das Ende der europäischen Nachkriegszeit. Mit dem Einsetzen der Bombardements gegen serbische und montenegrinische Städte durch die NATO eskalierte die Zerstörung des ehedem multinationalen und blockfreien Jugoslawiens zur kriegerischen Intervention.
Ein Blick von außen, welt-systemisch und historisch fundiert, soll dabei helfen, die Nebel von Propaganda, die eine totale Verunsicherung in der kritischen Öffentlichkeit des Westens bewirkt haben, zu lüften. Nur so können Konturen der Interessenslagen deutscher und US-amerikanischer Kriegstreiber nachgezeichnet und die ideologische Substanz der scheinbaren Rechtfertigung, Bomben im Dienste von Menschenrechte und Solidarität zu werfen, bloßgelegt werden.
Am Ende steht ein sozial und national aus dem Gleichgewicht geratener, ein total zerstörter Balkan. Slowenien und Kroatien sind, letzteres nach der Vertreibung von 300.000 SerbInnen aus der Krajina und aus Slawonien, ethnisch weitgehend homogenisiert. Bosnien-Herzegowina nimmt die Position einer Kolonie der EU ein. Serbien und Montenegro sind durch die NATO-Schläge ihrer ökonomischen Struktur beraubt, verwüstet. Der Kosovo gleicht erinnert eher an ein Bild nach dem 30-jährigen Krieg denn an eine europäische Region zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Makedoniens staatliche Lebensfähigkeit ist durch die Kampfbereitschaft albanischer SeparatistInnen in Zweifel gezogen. Für die Ethnisierung sozialer und okonomischer Probleme traten seit 1989 in allen Teilrepubliken und Regionen verstärkt nationalistisch argumentiertende ProtogistInnen aus. Zur Katastrophe dynamisiert hat sich dieses Phönomen allerdings durch die Einmischung des Westens.
Ein eigenes Kapitel widmet Hannes Hofbauer in dieser profunden Analyse den Konsequenzen des Balkankriegs für die westeuropäischen Gesellschaften. Aus Perspektive der Kulturarbeit ist besonders interessant, daß im Buch auch differenziert über die Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen am Balkan berichtet wird – eine sehr wichtige Debatte, weil immer mehr Projekte in Kooperation mit Kulturorganisationen aus Osteuropa entstehen.
Hannes Hofbauer, Balkankrieg, Zehn Jahre Zerstörung Jugoslawiens, Verlag Promedia, E 17,90