Fluchtwege und Sackgassen

Über fünf Mitgliedsvereine beim Festival der Regionen berichtet Thomas Kreiseder.

 

Mit Fluchtwege und Sackgassen thematisiert das Festival der Regionen Wege der Gegenwart im Bezirk Kirchdorf an der Krems. Die Projekte von über 30 KünstlerInnen und Kulturvereinen spüren den drängenden Fragen der Zeit zu den Schwerpunktthemen Zeitgeschichte, Migration, Mobilität, Fortschritt und Rückzug abseits der städtischen Zentren nach. Einen maßgeblichen Impuls neben den weiteren lokal verankerten Künstlern leisten dabei auch die KUPF-Mitgliederorganisationen Freies Radio Salzkammergut, INOK, Klärwerk, maiz und Radio FRO.

In Kirchdorf an der Krems spüren Christian Loikits und Gerhard Stiftinger vom Kulturverein Klärwerk der Identität von Subkulturen nach. Selbst gewählte und zweckentfremdete Orte und Musik spielen für deren Entwicklung oft eine entscheidende Rolle. Die beiden Künstler haben fünf dieser mit „Ausfluchtspunkte“ betitelten Plätze ausgewählt und werden sie mit einer rudimentären Infrastruktur, die zur Nutzung und Umnutzung anregen soll, ausstatten.

Ebenfalls in Kirchdorf, auf Plakatwänden an der Stadtein- und -ausfahrt fordert Rudy Geissler: „Besuchen Sie uns nicht!“. Als Bewohner der Stadt und lokaler Aktivist nimmt er mit seiner Plakatserie die Paradoxien aktueller Zukunftsdiskussionen in seiner unmittelbaren Lebensumgebung auf, und spitzt diese – durchaus lustvoll – zu. Passagen aus der lokalen Zeitgeschichte thematisieren die Projekte des Münchners Wolfram P. Kastner und des Windischgarsteners Werner Rumplmayr. Mit „Furchtbare Wege“ arbeitet Kastner unter reger Beteiligung einer lokalen Arbeitsgruppe die Todesmärsche ungarischer Juden 1945 über den Pyhrnpass auf. Noch weiter in die Vergangenheit geht der Bildhauer und Drechsler Rumplmayr, indem er eine Hakenkreuzübermalung im Sengsengebirge aus dem Jahr 1933 thematisiert.

Der Fragestellung nach der Bedeutung von Sicherheit für nichtösterreichische MitbürgerInnen geht der Linzer Migrantinnenverein maiz nach und sucht nach Bildern und Darstellungen für deren oft prekäre Sicherheitslage. In Diskussionen und Workshops wird eine „Allgemeine Unsicherheitserklärung“ verfasst, die im Verlauf des Festivals ebenso präsentiert werden wird wie Interventionen im öffentlichen Raum in Zusammenarbeit mit der KünstlerInnengruppe Klub Zwei. Weithin sichtbar und in direkter Bezugnahme zum Ort des Geschehens stellt sich vom Stift Schlierbach die Frage: Wer genießt Sicherheit? „Diese Beschriftung dient während dem Festival als Überschrift für alle anderen Interventionen, die wir machen werden. Sie werden erst verständlich ausgehend von dieser Frage“, geht Rubia Salgado (maiz) auf den Hintergrund der Kampagne ein.

In der „Heißen Küche“, der Gemeinschaftsproduktion von maiz und dem Schlierbacher Kulturverein INOK, begann bereits Ende April eine Serie von Workshops, Diskussionen, Lesungen und informellen Treffen. Das Projekt zielt auf eine aktivere Einbindung von MigrantInnen in lokale kulturelle und soziale Prozesse ab. Im Rahmen des Festivals geben die Beteiligten Einblicke in die Zwischenergebnisse ihrer Arbeit.

Zum Abschluss des Festivals der Regionen organisiert die INOK am 7. Juli ihr zum achten Mal stattfindendes Sommerfest, das Festkultur mit alternativen künstlerischen und soziokulturellen Beiträgen verbindet.

Die Projekte des Festivals der Regionen werden beinahe ausschließlich im öffentlichen Raum stattfinden. Das Festival der Regionen möchte sowohl jenen, die von außen zum Festival kommen, als auch den BewohnerInnen im Bezirk Kirchdorf an der Krems neue Sichtweisen über sich selbst und die Gegenwart ermöglichen. Internationale künstlerische Qualität verkoppelt sich mit lokaler Beteiligung.

Thomas Kreiseder ist Mitarbeiter des Festivals der Regionen, zuständig für Presse und Kommunikation.

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