Cyber feminism is not a one-way street …

Aileen Derieg las „technics of cyber<>feminism“.

 

Als die Teilnehmerinnen an der Konferenz „First Cyberfeminist International“ 1997 in Kassel beschlossen, den Begriff „Cyberfeminism“ nicht zu definieren, wurde eine Liste von 100 Antithesen zusammengestellt: „Cyberfeminism is not …“ .

Rund vier Jahre später als Vorbereitung für das Symposium „technics of cyberfeminism“ (7. – 9. Dezember 2001, Bremen), aus dem dieses Buch hervorgegangen ist, stellten die Organisatorinnen von „Old Boys Network“ u.a. die Frage an interessierte Frauen: „Are you a cyberfeminist?“

(S. 13) Auffallend an den im Buch abgedruckten Antworten ist, wie vielfältig sie jenseits von ja oder nein ausgefallen sind. Sie sind eher weiterführende Fragen als Antworten auf die erste Frage, weisen jedoch oft eine gewisse Irritation auf, dass der Begriff nicht genauer fixiert wird.

Dagegen haben die Autorinnen der Beiträge unter den Kategorien „subject – operat – engineer“ offenbar keine Hemmungen, den Begriff „Cyberfeminism“ ohne eindeutige Fixierungen zu verwenden. Insgesamt zeigen sie damit, wie lustvoll und spielerisch mit Theorie umgegangen werden kann. Während Marie-Luise Angerer (S. 33 ff.) mit gezielten Verweisen auf wichtige Theoretikerinnen und Theoretiker eine faszinierende Offenheit präzis umschreibt, untermauert Verena Kuni (S. 99 ff.) ihre theoretischen Ausführungen durchaus stimmig und einleuchtend mit Zitaten aus Monty Python’s The Life of Brian und der skurrilen Webseite Women with Beards.

Ulrike Bergermann (S. 175 ff.) und Helene von Oldenburg (S. 189 ff.) zeigen, dass (selbst-) kritische Hinterfragung mit Witz wirksamer ist. Auch wenn während der Abschlussdiskussion beim Symposium der Vorwurf (von Claudia Reiche als „teilweise alptraumhaft“ und seit jeher „selbstmörderisch“ in feministischen und utopischen Bewegungen) des „elitären Intellektualismus“ (S. 7) gefallen ist, die lustvolle und gewitzte Vorgehensweise, welche die Arbeit des OBN von Anfang an geprägt hat, findet auch in diesem Buch wieder einen Niederschlag.

Allerdings fällt auch bei diesem Buch auf, dass es auf Englisch erschienen ist, obwohl die Mehrzahl der Autorinnen und scheinbar auch der Teilnehmerinnen deutschsprachig ist. Fraglich wird dieser Umstand vor allem im Zusammenhang mit der Feststellung, dass Cyberfeminismus „too localised in germany/austria“ sei (S. 21). Eine engere Zusammenarbeit mit Frauen aus dem englischen Sprachraum (weil das Buch eben auf Englisch erschienen ist) in Bezug auf Redaktionsarbeit hätte dem Buch in formaler Hinsicht gut getan. Abgesehen davon drängt sich doch die Frage auf, ob diese möglicherweise fehlende oder nur wenig ausgeprägte Zusammenarbeit mit anderen Frauen im internationalen Zusammenhang nicht nur formale Auswirkungen hat: Bleibt Cyberfeminismus auf das kleine – wenn auch durchaus lustvolle – Spielfeld einer kleinen Gruppe von eingeweihten Frauen beschränkt, oder kann er auch weitere Auswirkungen in der allgemeinen Theoriebildung auslösen?

Wie die Beiträge zeigen, wäre die letztere Möglichkeit zweifellos wünschenswerter, ob sie sich jedoch auch verwirklichen lässt, steht in diesem Buch jedenfalls nicht geschrieben.

Aileen Derieg

Reiche, Claudia/Sick, Andrea (Hg.): technics of cyber<>feminism. , Bremen, thealit Frauen.Kultur.Labor (Volume 2), Bremen, 2002

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