Twentyfour/Eleven

HJ hat es also geschafft. Wofür tausende marschierende DonnerstagsdemonstrantInnen sich die Schuhsohlen durchgescheuert haben, hat er nun selber erledigt: die blauschwarze Koalition gehört der zukünftigen Vergangenheit an.

 

von Udo Danielczyk

Der (angeblich) liberale Teil der FP-Regierungsriege wirft das Handtuch und tritt zurück, die F ergeht sich in Selbstzerfleischung. Der Schweige-Kanzler zaudert noch einen Moment und ruft Neuwahlen aus.

Das Wende-Projekt ist am Ende, die F zeigt (wieder?) ihr wahres Gesicht. Der Betriebsunfall (HJ) ist repariert, HJ wieder (?) in der Bundespolitik – und auch gleich wieder weg.

Die abgetretenen, angeblich einem liberalen Flügel der F angehörenden, Regierungsmitglieder KH Grasser und Schnuffel SuRiPa werden nur wenigen (allerdings besonders der ÖVP) abgehen, der Abgang von Westi Hojac allerdings wird profil-Kolumnist Rainer Nikowitz und dem Falter (Dolm der Woche) noch um viele gelungene Beiträge bringen. Mitleid mit ihnen ist jedoch fehl am Platz, HJ’s pathologische Geltungssucht war allen, die es wissen (glauben) wollten, bekannt. Bezeichnend für die Struktur der F ist auch, dass niemand den Vorsitz übernehmen wollte – außer letztendlich der Auslöser/Erlöser HJ himself. Ein Spitzenkandidat Haupt spricht für sich selbst.

Am 24. 11. ’02 wird (aller Voraussicht nach) gewählt. „Wenigstens kriegen wir einen spannenden Wahlkampf“, hofft Armin Thurnher (Falter 37/02). Schön wär’s. Allein mir fehlt der Glaube…

Der Wahlkampf könnte spannend werden: an inhaltlichen, weltanschaulichen Auseinandersetzungen zwischen Blauschwarz und Rotgrün, oder auch nur zwischen Rot und Schwarz würde es ja nicht mangeln. Zu unterschiedlich sind doch die (nach außen transportierten) Positionen. Doch Wahlkampf ist Wahlkampf ist Wahlkampf: die Schlammschlacht wird zwar kurz, aber umso heftiger. Das Hauptthema Abfangjäger scheint festzustehen und wird alles andere zudecken. Danach kommt die Steuerreform.

Der Wahlkampf könnte spannend werden: in inhaltlich differenzierten Auseinandersetzungen könnten ja auch kulturrelevante Themen behandelt werden. Deren gäbe es genug: nach jahrelanger, von SP-Kanzler Klima ausgerufener Chefsache Kunst besteht in diesem Bereich Handlungsbedarf. Während die ehemalige große Koalition hier vieles verschlafen hat, hat Blauschwarz doch einiges (nicht zum besseren) verändert: KünstlerInnensozialversicherung, Vereinsgesetz, Werbeabgabe, Zeitungsversandtarife, etc. Die Böcke waren ja von den Schafen zu trennen, so Noch-VP-Klubobmann Khol seinerzeit. Kunststaatssekretär Morak, ursprünglich selber Künstler mit Antipathie gegen die F, hat außer dubiosen Konzepten (?) rund um den Begriff cultural industries nicht viel hören lassen bzw. zustande gebracht. Auch gesellschaftspolitische Bereiche wie Sozialpolitik, Migrations- und Integrationspolitik, Frauenpolitik, Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik werden ein Maßstab sein.

Spannend wird sicherlich der Ausgang der Wahlen, noch spannender die darauf folgenden Regierungsverhandlungen. Noch immer lässt sich Wendekanzler Pokerface Schüssel alle Optionen offen, als ob die letzten zweieinhalb Jahre nicht passiert wären. Vorhersagen scheinen heute (19. 09. ’02) noch nicht möglich. Die KUPF wird in einer vorgezogenen Ausgabe der KUPF-Zeitung rechtzeitig vor den Wahlen diese Themenbereiche behandeln und so in Zusammenarbeit mit anderen kulturellen Dachverbänden versuchen, ein Stimmungsbild und eine Orientierungshilfe zu geben.

Währenddessen darf aber von der Politik nicht auf das normale Tagesgeschäft vergessen werden: Neuwahlen und auch das Hochwasser dürfen keine Ausrede für ein Aussetzen von Kulturpolitik und politisches Eintreten für Kunst & Kultur sein. In Oberösterreich sind mehrere Kulturstätten, von KUPF-Mitgliedsvereinen besonders das Roeda in Steyr, massiv vom Hochwasser betroffen. Hier ist besonders die Landespolitik aufgerufen, für ausreichende finanzielle Mittel zu sorgen, um außerhalb der Katastrophenfonds und der regulären Kulturförderung die Schäden wieder zu beheben und einen normalen Betrieb zu ermöglichen. Schließlich sorgen Einrichtungen wie das Roeda für das (kulturelle) Lebensumfeld, das notwendig ist für ein normales Leben. Spendenverteilende Organisationen wie das Rote Kreuz tragen diesem Umstand Rechnung und beziehen deswegen gemeinnützige Organisationen und NGO’s in ihre Pläne ein.

Kulturpolitische Debatte muss auch an zuständiger politischer Stelle wieder möglich werden. Landeshauptmann und Kulturreferent Pühringer hat nach monatelangem Nachfragen um einen Termin zur Diskussion der Neufassung der zuMUTungen, des kulturpolitischen Forderungskataloges der KUPF, die diesen Herbst stattfinden sollte, aufgrund zuvieler Benefiztermine für Hochwasseropfer abgesagt. Trotz allen Mitgefühls für die Opfer darf die politische Auseinandersetzung nicht stehen bleiben.

Die KUPF wird diese Diskussion jetzt aufgrund des alles verdrängenden Bundeswahlkampfes erst im Frühjahr abhalten.

Udo Danielczyk

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