Tränen auf deinen reichen Backen

In meiner beruflich praktizierten Gewaltfantasie bin ich Tyrannin des österreichischen Matriarchats. Damit mich nur ja alle als selbsternannte Bundespräsidentin recht lieb haben und mir brav folgen, denke ich mir in meiner realen Privatexistenz lauter populistische No-Brainer aus: Männer werden als das schöne Geschlecht verehrt, sie fügen zum von den Frauen erkämpften Guten den Glanz und den Schimmer und ruhen nimmer, bis Frau, Küche und Kinder glücklich sind. Wir Frauen müssen raus in die harte Welt, wir erjagen das Familieneinkommen und vererben unsere Vermögen an die erstgeborenen Töchter.
Die beliebteste fiktionale Reform ist aber die Einführung eines Existenzmaximums. Als Diktatorin ist man zwar auf Mehrheiten nicht angewiesen, aber was könnte größeren Zuspruch bekommen als die rasche und sehr, sehr radikale Umverteilung? Ihr kennt ja alle die Zahlen – auch nach konservativen Schätzungen hat ein Prozent der Weltbevölkerung mindestens ein Drittel des Vermögens an sich gerafft. Darum schreie ich von jeder Kanzel: Niemand auf diesem Erdenrund, wirklich niemand darf als Privatperson mehr als eine Million EUR besitzen. Stellt es euch vor! Malt euch die Sturzbäche der Tränen auf den Backen der G’stopften aus! Musk heult, Bezos heult, der Investmentpunk heult. Aber wir, die ‚Normalen‘, lachen und tanzen, denn wir bekommen jetzt ein ordentliches Grundeinkommen. Ein funktionierendes Gesundheitssystem. Sanierte Schulen. Dächer voller Photovoltaik. Kostenlose Öffis. Und stellt euch vor: Die Nehammers der Welt kriegen ihr Gehalt in kleinen Scheinen bar ausgezahlt, ein Drittel davon in Form von Junk-Food-Ketten-Gutscheinen. Pflegekräfte verdienen so gut, dass sie knapp an die Enteignungsgrenze kommen.
Sch, ruhig, ihr Wirtschaftsexperten (kein Gendern notwendig). Es ist ja nur eine Fantasie. Niemand muss sich um den Erhalt des Raubtierstandortes sorgen. Die ‚schweigende Mehrheit‘ wird weiter an der Halluzination leiden, dass sie bald zum g’stopften Prozent gehört, wenn sie sich nur ordentlich ins Zeug legt. Sie glaubt weiter an warme Eislutscher und dass sich Leistung lohnt.

Produkt zum Warenkorb hinzugefügt.
0 Artikel - 0,00 

Jetzt die KUPFzeitung abonnieren!

Lass dir die KUPFzeitung viermal im Jahr bequem als Printprodukt nach Hause schicken und unterstütze damit auch die kulturpolitische Arbeit der KUPF OÖ!

Ab 24 € im Jahr