Von einem der auszog… um einen Kulturpreis entgegen zu nehmen

Jetzt steht er da in seinem roten Pullover, und spürt, wie sich unzählige Augenpaare auf seine unangemessene Kleidung heften. Alle anderen Männer hier tragen Anzüge und er darf wieder einmal den Bauernfünfer (Fremdlinge die in die Metropole strömen) vom Land machen. Mario Friedwagner, Geschäftsführer des Freien Radio Salzkammergut, nimmt im Steinernen Saal des Landhauses den »Kleinen Landespreis für initiative Kulturarbeit« entgegen. Dabei wollte er noch eines seiner beiden schönen Hemden anziehen. Waren aber beide im Schmutzwäschekorb. Und eine neue Hose, hat seine Freundin gesagt, brauchst dir wegen der drei Stunden nicht kaufen. Er hatte ja nicht wissen können, dass sie einen hier zwingen sich die Laudatio auf das eigene Projekt im Stehen anzuhören. Vor all den Menschen. Das letzte Mal hat er als Schulbub so vor der Klasse stehen müssen, weil er irgendetwas ausgefressen hatte. Dass es als nächsten Otto Tremetzberger, Geschäftsführer des Freien Radio Freistadt, treffen würde, ist Mario auch kein Trost. Die beiden Freien Radios teilen sich den diesjährigen »Kleinen Landespreis für innovative Kulturarbeit«. Als durchsickerte, dass man als Preisträgerin aufstehen muss wie ein Priesterseminarist bei der Verlesung seines Sündenregisters, hat sich Otto gewünscht, gleich neben Mario sitzen du dürfen. So würde die Sache vielleicht weniger ungemütlich. Otto macht mit Sakko und lässig gebundenem Schal natürlich wieder auf Mann von Welt. – Soll sein. Immerhin macht das Freie Radio Freistadt hervorragende Arbeit, vor allem die Kooperationen mit tschechischen Partnerinnen sind ein Alleinstellungsmerkmal der Freien aus Freistadt.

Plötzlich muss Mario an Klaus Wallinger denken, Mitbegründer des Kino Ebensee. Ihn hat er schon vor Jahren gefragt, wie man denn zu einem Landespreis kommt. (Das Kino Ebensee hat 1992 den Großen Landespreis erhalten.) Klaus hatte damals gemeint, man könne da gar nichts Spezielles machen. Wenn man hervorragende Arbeit mache, würde das Land Oberösterreich von selbst auf einen aufmerksam und mit einem Preis bedenken. Doch obwohl das Freie Radio Salzkammergut seit 1999 hervorragende Sendungen ausstrahlte wurde das Land wohl nie auf dieses Freie Radio aufmerksam. Vor einem Jahr hat Mario dann erfahren, dass man sich um diesen Preis bewerben muss. Das hat er dann auch gemacht und den Preis prompt bekommen.

Der Große Landespreis wäre eigentlich auch eine fesche Sache, kommt es Mario in den Sinn, jetzt weiß er ja schon, dass man Aufzeigen muss, wenn man einen Preis will. Den Großen Landeskulturpreis hat dieses Mal das Medienkulturhaus in Wels abgeräumt. Machen sicher auch gute Arbeit, außerdem werden sie vielleicht, so wie das Freie Radio Freistadt, KUPF-Mitglied. Mario hat das Medienkulturhaus ja immer für eine städtische Einrichtung gehalten, sind aber wohl doch freie Kulturszene, wenn sie zur KUPF dürfen. Wie man sich täuschen kann.

Aber da wird Mario auch schon durch ein Nicken der freundlichen Frau Berger, eine Landesbeamte, die das alles hier organisiert hat, erlöst und er darf sich wieder setzen. Nach dieser unwürdigen und steifen Zeremonie lädt der Herr Landeshauptmann noch zu einem üppigen Buffet ein. Und das kann wirklich etwas! Fleischbällchen, Russenkraut, Knödel, Käsevariationen, bunte Salate, üppiger Nachtisch – alles was man sich wünschen, aber nicht auf einmal essen kann. Der Landeshauptmann hat gemeint, dass man die Chance ergreifen sollte und sich ordentlich den Bauch vollschlagen, schließlich wisse man ja nicht, wann man wieder einmal eingeladen würde vom Land OÖ. Das lässt sich Mario nicht zweimal sagen, auch wenn er ansonsten, in guter alter Punktradition, darauf pfeift was Autoritäten so absondern. Apropos Tradition. Im Landhaus wird auf Gmundnerkeramik-Teller mit Landeswappen serviert. Zwei dieser Teller dürfen dann auch mit der Delegation des Freien Radio wieder mit nach Hause fahren. Eines rutscht in die Tasche einer Mitarbeiterin und das zweite steckt der Kellner, den Radiomacherinnen, auf Vermittlung des 75 jährigen Jazzredakteurs Peter Baumann, neutral verpackt, zu. Mario freut sich, dass es Menschen gibt, die selbst in diesem affektierten Ambiente des Landhauses normal bleiben.

Aber zuerst heißt es sich mit Preis und Landeshauptmann fotografieren zu lassen. Da heute aber viele Preise vergeben werden, droht LH Pühringer schon die Mimik einzuschlafen, vor lauter lieb schauen. Zwischendurch maßregelt er auch einmal den Fotografen Heinz Kraml, weil er nicht schnell genug fotografiert. Als das Freie Radio Salzkammergut an der Reihe ist, ist Programmkoordinatorin Evelyn Ritt leider rauchen und IT Maschinist Bernd Schröckelsberger auf Entdeckungsreise durch das Landhaus. So muss sich Mario mit Peter Baumann, Erika Preisel (Projekte), Jörg Stöger (Redaktion) und dem Landeshauptmann ohne die beiden hinsetzen. Ein wenig schade.

Man macht sich schon was mit, um sein Radio vorwärts zu bringen. Aber immerhin ist das Freie Radio Salzkammergut die erste Initiative, die einen solchen Preis nach Bad Ischl holt. Mario freut sich schon auf das Gesicht des Bürgermeisters. Dieser weigerte sich bisher, das Freie Radio Salzkammergut zu unterstützen. Gibt er auf, oder versucht er vorher noch ein paar argumentatorische Bocksprünge. Alleine diese Vorstellung war die Sache wert.

Andi Wahl, ist Maurer, Zimmermann, Tischler und Geschäftsführer des Freien Linzer Stadtradio, Radio FRO 105.0 MHz.

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