„A gmahde Wiesn und des eigene Haus“

Wo sind die Jungen die den Fortbestand eines Kulturvereines sichern, fragen Martin Böhm und Birgit Pichler.

Was garantiert den Fortbestand eines Kulturvereins, wo sind die Jungen, die diesen sichern? Wie funktioniert Wissensvermittlung in der Kulturszene? Wie können Übergaben vollzogen werden? Es gibt keinen Verein, der sich diesen Fragen nicht einmal stellen muss. Um darauf Antworten zu bekommen, begaben sich Martin Böhm und Birgit Pichler auf Antwortsuche innerhalb der KUPF-Mitgliedsvereine.

Bei vielen Initiativen tauchen in diesem Zusammenhang grundlegende Probleme auf, die es zu lösen gilt. Um verschiedene Modelle der Übergabe bzw. der Sicherung des Fortbestehens einer Kulturinitiative zu untersuchen, wurden vier Vereine mit langer Geschichte zum Thema befragt.

Wolfgang Steininger, Obmann der Local Bühne Freistadt erklärt, dass es die Initiative bereits seit 1984 gibt und dass sich bei der Bewältigung des Nachwuchsproblems ein spezieller Vorteil durch den Gastronomiebetrieb im Kino ergibt. „Denn oft bevor sie im Verein aktiv sind, fangen sie bei uns an zu kellnern und verlieren dadurch die Berührungsängste zu den Mitgliedern und Hemmschwellen zur Arbeit im Verein werden von selbst abgebaut“, so Steininger. Ein akuter Nachwuchsmangel herrschte dort also nie.

Bei der Gruppe O2 in Lambach, die es bereits seit 36 Jahren gibt, gestaltet sich die Lösung des“Generationsproblems“ nicht ganz so einfach. Mit der Inbetriebnahme der eigenen Spielstätte 1990 verändert sich die Situation der Gruppe O 2, denn mehr AktivistInnen wurden zur Bewältigung des erweiterten Programms (bis zu 50 Veranstaltungen im Jahr) benötigt. Um eine strukturelle Sicherung der Organisation zu gewährleisten wurden die BesucherInnen zur aktiven Mitarbeit im Kulturbetrieb motiviert.

Beim KV Woast, so Robert Gstöttenbauer, ehem. Obmann, war das Problem, dass der Verein durch ein Freundschaftsverhältnis gegründet wurde und es für neue Aktivistinnen nicht einfach war in dieser Gruppe akzeptiert zu werden. Als Lehrer motivierte er ehemalige SchülerInnen sich im Verein zu engagieren. Mittlerweile haben sie Verantwortung im Vorstand übernommen und organisieren bereits selbst Veranstaltungen.

Aber warum gibt es immer wieder Konflikte bei der Übergabe von Arbeitsbereichen und der Weitergabe von Wissen? Die einen sprechen von einer „gmahdn Wiesn“ und die anderen von Schwierigkeiten einen Fuß „in des eigene Haus“ zu setzen.

Das Wort „Generationswechsel“ hört man in der Kapu nicht gerne. Sie versteht sich als offenes Kollektiv, das in den mehr als 20 Jahren ihres Bestehens bereits mehrere Übergaben hinter sich hat. „Nur in den 80er Jahren verließ die damalige Geschäftsführung die KAPU im Streit“, so Klemens Pilsl, Geschäftsführer. Dass er den Geschäftsführerposten übernehmen wird, wusste er bereits ein halbes Jahr zuvor. Als Grundbedingung forderte er eine Vorlaufzeit von 2 Monaten, in der er bereits angestellt war. So hatte er die Möglichkeit, parallel mit seinem Vorgänger und dem Team zu arbeiten.

Eine Möglichkeit der Sicherung des Fortbestands eines Kulturvereins sieht Regina Lint (Obfrau Gruppe O2, Lambach) darin, dass es für verschiedene Bereiche verschiedene Zuständigkeiten braucht. „Durch diese Aufteilung bleibt das Wissen auf breiter Ebene erhalten und wenn einer geht, bricht nicht sofort alles zusammen. Außerdem müssen Bereiche so abgesichert werden, dass das Fortbestehen, bei Austritt von wichtigen Personen, weiterhin gesichert ist.“

„Eine gelungene Übergabe hängt von den Persönlichkeiten des Kulturvereins ab“, meint Klemens Pilsl, „denn Kulturarbeiter sind ja prinzipiell Egomanen und sehr selbstdarstellerische Persönlichkeiten – müssen sie ja auch sein. Einen so aufopfernden Job der viel Energie abverlangt, macht man nicht für so wenig Geld und für das bisschen „fame“. Da muss man schon eine Persönlichkeit sein, die gerne „checkt“ und im Rampenlicht steht. Wenn man keine Erfahrung hat, wie eine Übergabe funktionieren kann bzw. zu funktionieren hat, dann neigen vor allem Männer dazu, ihr Wissen an sich zu ziehen und Vereinswissen als ihr eigenes Wissen und Vereinsglück als ihr eigenes Glück zu definieren.“

Um die vollständige Weitergabe von Wissen rund um Organisationabläufe, Künstlerkontakte,… zu gewährleisten, fand beim KV Woast kein totaler Austausch des Vorstandes statt. Es wurde bewusst darauf geachtet, dass jemand aus den Reihen der Gründungsmitglieder vertreten ist. „Es ist eine gute Mischung von Erfahrenen und von Leuten, die am Anfang ihrer Kulturarbeit stehen. Die Anzahl der jährlichen Veranstaltungen bleibt gleich. Um den ganz jungen Leuten die Arbeit des KV Woast zu vermitteln, übernehmen sie bei Veranstaltun- gen die Hauptverantwortung und wir stehen lediglich beratend zur Seite, sofern überhaupt nötig. Telefonnummern und Kontakte von KünstlerInnen werden weitergereicht“, erzählt uns Robert Gstöttenbauer. Thomas Kriechbaumer, neuer Obann des KV Woast, ergänzt: „;Mängel sollen behoben und gewisse Sachen müssen neu überdacht werden. Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle. Es darf nichts überstürzt werden, was unsere Vorgänger gemacht haben, hat funktioniert, ist altbewährt und wird so weiter geführt. Wir schauen was in diesem Rahmen möglich ist und was notwendig ist zu ändern, wird geändert. Nach einer gewissen Phase der Orientierung überprüfen wir dann, ob die Richtung für den KV noch immer so stimmt“.

„In der Local Bühne“, so Steininger, „funktioniert die Übergabe ganz gut.“ Hier gibt es eine Aufteilung der „Jungen“ und „Alten“. Altbewährtes, wie Kino oder Jazzveranstaltungen, wird von den GründerInnen weiter geführt und neue AktivistInnen haben die Möglichkeit eigene Veranstaltungen zu etablieren.

Ähnliches berichtet Regina Lint von der Gruppe O2. Auch hier initiieren junge Mitglieder neue Veranstaltungsschwerpunkte und übernehmen die Betreuung der Homepage.

Die Frage um die Bedeutung von Wissensvermittlung im Kulturbereich, versucht Klemens Pilsl nochmals zu konkretisieren: „Neben dem Wissen von alltäglichen organisatorischen Dingen, gibt es Dinge bei denen es nicht genügt, jemandem einige Male über die Schulter geschaut zu haben. Da braucht es vor allem Übung und Erfahrung. Zum Beispiel im Umgang mit PolitikerInnen oder beim Schreiben von Förderanträgen.“

Verschiedene Möglichkeiten der Übergabe von Wissen und Tätigkeitsbereichen im Verein haben wir versucht aufzuzeigen, doch die Basis für eine kontinuierliche Vereinsarbeit ist es, für steten Nachwuchs zu sorgen.

Gstöttenbauer: „Nirgends ziehen alle jungen Leute weg. Es gibt immer wieder welche, die im ländlichen Bereich bleiben wollen und das Bedürfnis nach kultureller Selbstbestimmung haben. Das Problem ist aber sicherlich, dass vielfach nicht auf die Leute eingegangen wird und sie nicht angesprochen werden – erst wenn die Alt-AktivistInnen die Nase von der Vereinsarbeit wirklich voll haben und dann kommt es zum totalen Bruch.“

www.kapu.or.at www.local-buehne.at www.woast.at www.gruppeo2.org

Martin Böhm ist im Vorstand der KUPF, des KV WOAST und qujOchÖ. Birgit Pichler ist Mitarbeiterin in der KUPF und im Vorstand von FIFTITU%.

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